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Franco Cavalli auf dem Tribunal gegen die Blockade von Kuba

"Das kubanischen Gesundheitssystem, das von der Weltgesundheitsorganisation oft als das Beispiel definiert wurde, dem alle Länder, die Entwicklungsländer, folgen sollten, um ihre Gesundheitsprobleme zu lösen."

Franco Cavalli

Foto: „X“ @francocavalli6

Vielen Dank, ich bin Professor für Onkologie und ehemaliger Direktor eines umfassenden Krebszentrums in der Schweiz. Ich arbeite seit 1985 mit dem kubanischen Gesundheitssystem und Forschungssystem zusammen. Ich war viele Male in Kuba, ich weiß nicht genau wie viele, aber ich denke 30 oder mehr Mal. Keine dieser Reisen wurde von der kubanischen Regierung oder einer kubanischen Organisation bezahlt.

Im Jahr 1991 gründeten wir während der "Sonderperiode" (...) MediCuba Schweiz, weil wir genau wussten, wie gut das humanitäre Gesundheitssystem war und wie wichtig dieses Gesundheitssystem für viele Länder in der Welt war. Wegen des Verschwindens der Sowjetunion und der Unmöglichkeit für das kubanische Gesundheitssystem, Ausrüstung anderswo zu kaufen, haben wir beschlossen, diese Organisation zu gründen, um dem kubanischen Gesundheitssystem zu helfen, das von der Weltgesundheitsorganisation oft als das Beispiel definiert wurde, dem alle Länder, die Entwicklungsländer, folgen sollten, um ihre Gesundheitsprobleme zu lösen.

Später haben wir die Organisation erweitert. Heute gibt es MediCuba Europe und vergleichbare Organisationen in 14 europäischen Ländern. Es ist schwer abzuschätzen, wie viel wir genau bereitgestellt haben, aber ich schätze, dass es in diesen 30 Jahren mehr als 30 Millionen Euro waren.

Es ist wichtig zu wissen, dass wir unsere Hilfe zwar mit den kubanischen Ministerien koordinieren, unsere Projekte aber direkt mit den Krankenhäusern und den Forschungszentren zusammenarbeiten, zum Beispiel mit dem Zentrum für Molekularimmunologie. Wir kennen also die Situation vor Ort genau, und ich denke, dass wir viele Zeugen über die Vorgänge in Kuba und die Folgen des Embargos für Kuba benennen können.

Nun, ich werde mich auf einige wenige Beispiele beschränken. Ich habe hier acht Fälle mit Namen, bei denen es ganz klar ist. Fünf waren krebskranke Kinder. (...) Sie haben das Video gesehen: der erste Fall, wo es kein Etoposid gab. Wir haben (dem Krankenhaus) William Soler das Etoposid zur Verfügung gestellt, also wissen wir genau, was los ist. Fünf krebskranke Kinder und drei mit psychiatrischen Problemen, bei denen die Behandlung nicht so durchgeführt werden konnte. Wie sie hätte durchgeführt werden sollen, weil es an Medikamenten wegen der Blockade Medikamenten fehlte.

Wir haben ein systemisches Beispiel: Auch während des Videos wurde auf ein Medikament Antinomycin D angespielt, das für die Behandlung von krebskranken Kindern sehr wichtig ist. Dieses Medikament wurde bis 2009 von einer Firma in Mexiko hergestellt. Ein amerikanisches Unternehmen kaufte diese Firma auf und diese US-Firma war von da an die einzige Firma, die dieses Medikament herstellte, so dass die Kubaner das Medikament nicht mehr bekommen konnten und wir zehn Jahre lang verpflichtet waren, es an Kuba zu liefern, da Kuba nicht in der Lage war, es zu kaufen. Jetzt können sie Generika aus China kaufen, aber 10 Jahre lang mussten wir das Medikament bereitstellen, weil es sonst unmöglich war, es zu bekommen.

Ich war bis vor kurzem Mitglied des Komitees der Weltgesundheitsorganisation, das festlegt, welches die Medikamente sind, die unverzichtbar sind. Das sind Medikamente, die jedes Land seinen Bürgern zur Verfügung stellen sollte. Nun, in dieser Liste gibt es eine ganze Reihe von Medikamenten, die Kuba nicht bekommt, entweder weil sie in den Vereinigten Staaten hergestellt werden und sie sie nicht kaufen können, oder weil sie jetzt so teuer sind, dass sie sie aufgrund der wirtschaftlichen Situation, die durch die Blockade verursacht wurde, nicht kaufen können.

Wir haben mit dem Institut Pedro Kourí (IPK) über einen seht langen Zeitraum hinweg zusammengearbeitet, einem sehr wichtigen Institut in Kuba, das alles überwacht, was mit Infektionskrankheiten in Kuba zu tun hat. Alle Testproben mussten in ein Labor des IPK in Havanna geschickt werden, was nicht gut war, denn um die Proben von Santiago nach Havanna zu schicken, kam das Material oft erst an, als es schon zu spät war und manchmal gab es auch Transportprobleme in Kuba. Wir mussten also Wege finden. Als wir diese gefunden hatten, war es oft sehr schwierig, die finanziellen Transaktionen zu tätigen, um dafür zu bezahlen. So hat sich dieses sehr wichtige Projekt wegen der Blockade um Jahre verzögert.

Und das letzte Beispiel hat mit Covid zu tun. Im November 2020 war ich in Havanna, weil wir vor allem dem Finlay-Institut bei der Entwicklung der drei Soberana(-Impfstoffe), geholfen haben. Wir sollten einige Ausrüstungen liefern, die sie brauchten. Um es kurz zu machen, ich bin mir absolut sicher, dass Kuba ohne die Blockade und ohne die mit der Blockade verbundenen Schwierigkeiten in der Lage gewesen wäre, die Impfstoffe gegen Covid zu produzieren, die meiner Meinung nach fast so gut sind wie die, die wir in Europa hatten, wahrscheinlich sogar besser, mit weniger Nebenwirkungen, und dass es in der Lage gewesen wäre, sie viel schneller zu produzieren und auch die Impfkampagne viel schneller zu starten.

Wir mußten Millionen von Spritzen und Nadeln zur Verfügung stellen, weil sie diese nicht hatten. Ich glaube also, dass Tausende von Menschen nicht an Covid gestorben wären, wenn sie das schneller hätten herstellen können,

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Franco Cavalli, Onkologe, Honorarprofessor an der Universität Bern, Präsident MediCuba Europa
Zeuge vor dem Internationalen Tribunal gegen die Blockade Kubas

Brüssel, 16.11.2023