Die Revolution lebt

Abschied von Fidel Castro in Santiago de Cuba. Der frühere Staatschef wandte sich vor seinem Tod gegen »Personenkult«.

Mit einer schlichten Zeremonie ist die Asche des Comandante en Jefe der kubanischen Revolution, Fidel Castro Ruz, am Sonntag um sieben Uhr früh (Ortszeit) in Santiago de Cuba bestattet worden. Der Politiker war am 25. November im Alter von 90 Jahren verstorben. Die Urne wurde im Kreis von Familienangehörigen, engen Freunden, Kampfgefährten und ausgewählten Gästen auf dem Santa-Ifigenia-Friedhof, auf dem sich auch das Grab des kubanischen Nationalhelden José Martí (1853–1895) befindet, beigesetzt. Am Eingang des Friedhofs standen Tausende Menschen. Viele riefen »Es lebe Fidel«, als der Jeep mit der Urne eintraf. In den Tagen zuvor hatten Hunderttausende Bürger die Straßen gesäumt, auf denen die Urne – eingehüllt in eine Nationalfahne und mit weißen Blumen umrahmt – quer durchs Land von Havanna aus gebracht worden war. Am Sonntag um Mitternacht endete die neuntägige Staatstrauer.

Am Sonnabend hatte der Konvoi zunächst an der Moncada-Kaserne von Santiago de Cuba Station gemacht. Deren Erstürmung unter der Führung Fidel Castros am 26. Juli 1953 scheiterte zwar militärisch, gilt aber dennoch als Startsignal für die Kubanische Revolution. In der Stadt trugen viele Menschen rot-schwarze Armbinden mit dem Symbol der nach dem Datum der Moncada-Erstürmung benannten »Bewegung des 26. Juli«. Beim nächsten Halt unter dem Balkon des Rathauses, von dem aus Fidel Castro am 1. Januar 1959 den Sieg der Revolution verkündet hatte, riefen Tausende: »¡Yo soy Fidel!« (Ich bin Fidel). Dann ging es weiter zu dem nach dem General der Unabhängigkeitskriege, Antonio Maceo (1845–1896), benannten Platz der Revolution, auf dem um 19 Uhr in Anwesenheit mehrerer ausländischer Repräsentanten eine weitere Großkundgebung begann.

Während am Dienstag auf der in Havanna zahlreiche Staats- und Regierungschefs aus aller Welt zu den mehr als eine Million Teilnehmern gesprochen hatten, hatten in Santiago Repräsentanten der kubanischen Gesellschaft das Wort: Vertreter der Gewerkschaften, des Bauern-, Frauen-, Studenten- und Jugendverbandes, der Milizen und der Komitees zur Verteidigung der Revolution sowie der Vorsitzende des Schriftsteller- und Künstlerverbandes UNEAC, Miguel Barnet. Er erklärte, Fidel Castro gehöre für immer zu Kuba, denn es sei ohne ihn ebenso wenig vorstellbar wie ohne Martí.

Fidel Castros jüngerer Bruder, Präsident Raúl Castro, rief die Hunderttausenden Zuhörer in einer kurzen Ansprache dazu auf, den weiteren Aufbau des Sozialismus in Kuba zu verteidigen. Wenn man eines von Fidel habe lernen können, dann das, stets nach dem Prinzip »Ja, wir können das!« zu handeln. Der Staatschef erklärte, Wunsch seines Bruders sei gewesen, dass kein »Personenkult« um ihn betrieben werde. Fidel Castro habe darauf bestanden, dass nach seinem Tod »sein Name und sein Bild niemals für Institutionen, Plätze, Parks, Alleen, Straßen oder andere öffentliche Orte benutzt werden«. Auch »Gebäude, Büsten, Statuen« oder Ähnliches habe er abgelehnt. Zum Abschluss zitierte Raúl Castro den einst von General Maceo formulierten Schwur, »derjenige, der versuchen sollte, sich Kubas zu bemächtigen, wird den Staub seines blutgetränkten Bodens ernten, sofern er nicht im Kampf untergeht«. Noch während die Menschen auf dem Platz diesen Satz, den in Kuba jedes Kind kennt, mitsprachen, beendete Raúl Castro die Kundgebung mit dem Ruf: »Fidel – hasta la victoria siempre!«

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

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Volker Hermsdorf
Junge Welt, 05.12.2016