Kuba und EU in »neuer Phase«

Rahmenabkommen für Dialog und Zusammenarbeit

Nach 20 Jahren und wenige Tage vor der historischen Kuba-Reise von US-Präsident Barack Obama haben die EU und Kuba ein neues Kapitel in ihren Beziehungen aufgeschlagen. Am vergangenen Freitag (Ortszeit) unterzeichneten sie in Havanna im Beisein der eigens angereisten EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini und von Außenminister Bruno Rodríguez das lang erwartete Rahmenabkommen für politischen Dialog und Zusammenarbeit. »In dieser Form werden sich die Beziehungen zwischen Kuba und der EU auf der Basis von Respekt, Gegenseitigkeit und gemeinsamem Nutzen mittel- und langfristig konsolidieren«, hieß es in einer gemeinsam Erklärung.

Vorangegangen waren zwei Jahre komplexer Verhandlungen. »Diese Vereinbarung markiert den Beginn einer neuen Phase der bilateralen Beziehungen. Es ist eine historische Demonstration der Verbesserung des gegenseitigen Vertrauens und Verstehens zwischen uns«, zeigte sich Mogherini zufrieden. Die neue Rahmenvereinbarung erlaube es Kuba und der EU, auch über Themen zu sprechen, bei denen keine Einigkeit herrsche - wie im Fall Venezuela. Man müsse versuchen, »eine gemeinsame Position« zu finden.

Das rief im Saal einiges Schmunzeln hervor, war doch bislang das Verhältnis von der »Gemeinsamen Position« der EU bestimmt. Sie war 1996 auf Betreiben der damaligen rechtskonservativen spanischen Regierung unter Aznar verabschiedet worden und machte eine Normalisierung der Beziehungen von Fortschritten Kubas bei Demokratie und Menschenrechten abhängig.

Mit dem Abkommen, das in die Kapitel Kooperation, Politischer Dialog und Wirtschaftliche Beziehungen unterteilt ist, stellt die EU nun ihre Beziehungen zu Kuba auf eine neue Grundlage - »ein nie da gewesener Schritt in der Geschichte der Beziehungen zwischen Kuba und der EU«, so Außenminister Rodríguez. Er verwies darauf, dass auch der im Vorjahr begonnene Dialog über Menschenrechte fortgesetzt werde.

Das ausgehandelte Rahmenabkommen, dessen Text noch nicht veröffentlicht wurde, muss noch vom Europäischen Rat sowie der kubanische Regierung ratifiziert werden. Die politische Annäherung aber ist eine Tatsache. In der Praxis hatten bereits 19 EU-Mitglieder bilaterale Vereinbarungen geschlossen. Vor allem Spanien, Frankreich und Italien drängen seit längerem auf eine neue Kuba-Politik der EU, während Deutschland mit Verweis auf die Menschenrechtssituation traditionell eher zurückhaltend agiert. Die »Gemeinsame Position« habe schon vor einer ganzen Weile aufgehört, gemeinsam zu sein, sagte Rodríguez auf der Pressekonferenz.

Die Verständigung erfolgt wenige Tage vor der Reise von US-Präsident Barack Obama nach Havanna. Auch wenn Brüssel die Annäherung zwischen den USA und Kuba immer begrüßt hat, befürchtet Brüssel doch, dass eigene Interessen von einem verstärkten US-Engagement auf der Karibikinsel betroffen sein könnten. Die EU ist dort noch der größte Investor und zweitwichtigste Handelspartner nach Venezuela. Ein Drittel aller Touristen stammt aus Europa.

Darüber hinaus versprach die EU Hilfen in Höhe von knapp zehn Millionen Euro, die vor allem in den Aufbau von Verwaltungsstrukturen und nachhaltige Lebensmittelproduktion fließen sollen. Das gab der EU-Kommissar für Internationale Zusammenarbeit und Entwicklung, Neven Mimica, bekannt. Die Gelder sind Teil eines bestehenden EU-Hilfsprogramms über 50 Millionen Euro für die Jahre 2014 bis 2020.

Neues Deutschalnd

Andreas Knobloch, Havanna
Neues Deutschland, 14.03.2016