Kuba ohne Fidel in Velbert

Wenn Renate Fausten, die langjährige Vorsitzende der FG BRD-Kuba und jetzige verdiente Mitarbeiterin der deutschen Granma in Havanna, mal wieder auf "Heimaturlaub" in Duisburg ist, gibt es kein Entkommen: Die Veranstaltung der FG zusammen mit der IG Metall bei Hartmut Meinert in Velbert sind ganz einfach Pflichtprogramm.

Der Intelligenz und politischen Bildung der Versammelten war es wohl geschuldet, dass sich die andernorts übliche Standardfrage "Wie geht es denn jetzt weiter nach Fidels Tod" eher an der Peripherie hielt. Ihnen dürfte aufgefallen sein, dass in Kuba bereits seit Längerem ohne Fidel Politik gemacht wird – im Gegensatz zu einigen Parallelweltbewohnern aus Miami, die nach dem Ableben des kubanischen Maximo Lider allen Ernstes die Parole streuten: "Jetzt, da Kuba führungslos ist, müssen wir aktiv werden."

Natürlich erwies man auf der Veranstaltung Fidel Castro Reverenz, aber neben verständlicher Traurigkeit gab es auch den Blick nach vorn. Es war eine Gewichtung von Tribut einerseits und realpolitischer Perspektive andererseits, die dem Comandante, der uns nun physisch nicht mehr begleiten kann, bestimmt gefallen hätte.

Eines wurde während der zwei Stunden sehr deutlich: Auch ohne den größten Revolutionär aller Zeiten ist Kuba der Strohhalm, nach dem die Linke in der Bundesrepublik verzweifelt greift und es ist durchaus fraglich, ob man dies – selbst als notorisch mit Kuba Solidarischer – begrüßen soll. So gar nichts im eigenen Land zu haben, zieht einen unaufhaltsam nach unten. Besser wäre es, man hätte was.

Auf Barack Obama, der die mit Abstand meisten Kriegstoten aller Friedensnobelpreisträger aufweist, hat man in Velbert verdientermaßen kräftig eingedroschen. Damals wusste man freilich nicht, dass er kurz vor Ende seines Mandats noch einige Dinge tun würde, die man früher von ihm erwartet hätte: Abschaffung der "trockene Füße/nasse Füße"-Migrationspraxis der USA für Kuba, Kürzung der Haft für Puerto Ricos Unabhängigkeitskämpfer Oscar Lopez Rivera um 20 Jahre (er kommt am 17. Mai nach 35 Jahren Gefängnis frei) und Begnadigung des Whistleblowers Bradley/Chelsea Manning, dies vielleicht die erstaunlichste seiner späten Entscheidungen, da sie ein gewisses Maß an politischem Mut voraussetzte, den man ihm nicht mehr zugetraut hatte.

Veranstaltungen in Velbert haben was: Man wird hier nie mit dämlichen Fragen konfrontiert; dazu sind alle zu sehr im Thema drin. Man muss keinem an Kuba Interessierten die Welt von Adam und Eva an erklären. Ein solider Grundstock an politischer Bildung, der über den berüchtigten Journalismus der einen Nachricht und des einen Bildes hinausgeht, ist immer vorhanden. Das macht den Ort am Rand des Bergischen Landes, der Laien der Materie etwas exotisch anmuten mag, stets zu einer lohnenden Adresse. Es wäre zu wünschen, dass Hartmut, auch wenn er, was die Vorstandsarbeit in der FG anbetrifft, inzwischen auf dem Altenteil ist, seine klugen Leute noch eine gute Weile bei der Stange hielte, um der Desinformationspolitik der Breitwandmedien ein bisschen Terrain abzutrotzen.

CUBA LIBRE Uli Fausten

CUBA LIBRE 2-2017