Berta Cáceres und Berta Soler – Wenn wirkliches Andersdenken ... das Leben kostet

Vor einigen Tagen wurde Berta Cáceres, Indigenenführerin vom Volk der Lenca, in Honduras ermordet. Sie war Aktivistin gegen hydroelektrische und Minenprojekte von transnationalen Unternehmen, eine Woche vor ihrem Tod hatte sie die Ermordung von vier Aktivisten ihrer Gemeinde angezeigt. Achtzig Umweltaktivisten wurden in den letzten drei Jahren in Honduras ermordet.

Haben Sie Leitartikel der großen internationalen Presse gelesen, die die Unternehmensinteressen, die hinter diesen Morden stecken, anklagen? Wo ist der Druck der EU oder der USA auf die honduranische Regierung?

Wäre dagegen die Ermordete Kubanerin gewesen, hieße auch Berta, aber mit Familiennamen Soler? Wieviele Minuten würde es dauern bis der diplomatische und Medienkrieg gegen Kuba losginge?

Berta Soler, Anführerin der sogenannten Damen in Weiß, protestiert ohne Gefahr für ihr Leben gegen die kubanische Regierung. Sie wird in der Europäischen Union und im Weißen Haus empfangen, von dem sie erhebliche Mittel für ihre Tätigkeit erhält. Berta Cáceres hingegen verteidigte die kubanische Revolution und kämpfte in ihrem Land gegen die Militärbasen der USA. Diese Details ihres politischen Profils werden wir kaum in den internationalen Medien lesen.

Erinnern Sie sich daran, wie die Tageszeitung Clarín gegen das Mediengesetz in Argentinien aufbegehrte, das einen Anteil der audiovisuellen Lizenzen für die öffentlichen und Basismedien reserviert? Clarín – und weitere große argentinische Tageszeitungen – führten einen jahrelangen Zermürbungskrieg gegen die Vorgängerregierung, weil – so versicherten sie uns – dieses Gesetz gegen die Pressefreiheit verstieße. Jetzt hat die Gruppe Clarín, Besitzerin der Kabelfernsehgesellschaft Cablevisión, entschieden, den Kanal TeleSUR, der klar links orientiert ist, aus seinem freien Empfangspaket zu streichen. Jetzt wissen wir also, was Clarín unter "Pressefreiheit" verstand.

In einer Meldung der Agentur EFE lesen wir, die Organisation Oxfam warnt, dass in Guatemala aufgrund der Trockenheit mehr als anderthalb Millionen Personen dringend Lebensmittelhilfe benötigen. Kein Wort über die Verantwortung des guatemaltekischen Staates, diese Personen zu schützen? Warum hat es in einem Land wie Kuba, das auch Ernten verloren hat, sei es durch Trockenheit oder Wirbelstürme keine "Ernährungsnotsituationen" gegeben? Und vor allem, warum erwähnt niemand in den Medien solch ein Paradox?

Dieses Problem führt uns zu einem anderen lateinamerikanischen Land, Kolumbien, wo – laut dem Leiter von Unicef, Anthony Lake – jeder zehnte Minderjährige an chronischer Unterernährung leidet. Außerdem gehen mehr als eine Million Mädchen und Jungen zwischen Fünf und 16 Jahren nicht zur Schule, das sind Elf % aller Kinder. Eine Politik des Staates, die das Recht auf Bildung nicht garantiert, während Prominente wie Shakira Geld für die Ausbildung einiger dieser Minderjährigen schenken, mit enormer Berichterstattung in den Medien. Dieses ohne die kleinste Andeutung der Verantwortung des ökonomischen und politischen Systems Kolumbiens. Dieselben Medien greifen Kuba an, welches kurioserweise die einzige Nation Lateinamerikas ist, die laut der UNESCO die Ziele von "Bildung für alle 2000–2015" erreicht hat.

Weil, nach Lage der Dinge – wem sollte das nicht klar sein – Kuba einen "Übergang" vollführen soll, der es in ein "normales" lateinamerikanisches Land verwandelt: wo tausende Minderjährige, die außerhalb des Bildungssystems bleiben, dem philantropischen Marketing von Sängern, die Multimillionäre sind, zuströmen können.

CUBA LIBRE José Manzaneda, coordinador de Cubainformación

Programm "Doble rasero" (Zweierlei Maß), auf Cubainformación TV
Übersetzung: Inken Müller

CUBA LIBRE 3-2016