Kuba im Medienspiegel

CUBA LIBRE will in dieser Rubrik aufzeigen, was die Konzernmedien verschweigen, Falschmeldungen enthüllen und Manipulationen aufdecken.


Falschmeldungen – Unterschlagungen - Manipulationen

Rotation

Rotation. Foto: Wiljo Heinen



Die Tagesschau der ARD ist die älteste TV-Nachrichtensendung der Bundesrepublik und mit bis zu zehn Millionen Zuschauern eine der einflussreichsten Informationsquellen. Da das öffentlich-rechtliche System aus Gebühren finanziert wird, unterliegt die Berichterstattung der ARD strengen Anforderungen an journalistische Grundsätze, die im NDR-Staatsvertrag definiert sind. Sie soll unter anderem einen »objektiven umfassenden Überblick vermitteln«, der »Information dienen« sowie »unabhängig und sachlich« sein.






Paragraph 8 des Staatsvertrags schreibt zwingend vor:»Nachrichten sind vor ihrer Verbreitung auf Wahrheit zu prüfen.« Dagegen wird regelmäßig verstoßen, wie der frühere Tagesschau-Redakteur Volker Bräutigam und der langjährige Vorsitzende des ver.di-Betriebsverbandes NDR, Friedhelm Klinkhammer, in über 100 Programmbeschwerden nachgewiesen haben. Ob bei der Berichterstattung über den NATO-Krieg gegen Jugoslawien, über Syrien oder über die Ukraine (um nur einige Beispiele zu nennen): Die ARD beruft sich oft auf obskure Nachrichtenquellen, deren Wahrheitsgehalt nicht überprüft wird. Das gilt auch für Berichte aus Lateinamerika, insbesondere über Brasilien, Venezuela und natürlich Kuba.

Beispiel 1: Rat an Raúl Castro

Am 21. März 2016 berichtete Andreas Horchler vom ARD-Studio in Washington über Obamas Kuba-Visite und behauptete: »Die Verbesserung des Verhältnisses beider Länder fußt besonders auf der Initiative Obamas.« – War der ARD nicht bekannt, dass jahrelange Geheimverhandlungen stattgefunden haben, der Papst und der kubanische Kardinal Ortega eine wichtige Rolle spielten und ein komplizierter Gefangenenaustausch ausgehandelt wurde? Natürlich. Aber ARD-Horchler brauchte die falsche Nachricht, um seine ebenso falsche Behauptung zu stützen: »Präsident Obama streckt Kuba die Hand aus.« Daraus leitet er dann die Forderung ab: »Jetzt ist Castro dran.« Und dann erklärt die ARD dem kubanischen Präsidenten, was sie von ihm erwartet. »Er sollte zeigen, dass auch er es ernst meint mit den Veränderungen. Das muss kein Kapitalismus über Nacht sein.« Soweit O-Ton ARD-Tagesschau, deren Zuschauer nun wissen, dass Obama Veränderungen will, Raúl Castro aber nicht. Ein Hinweis auf die Blockade, Guantánamo oder die subversiven Programme zum Regime-Change würden diesen Eindruck erschüttern.

Beispiel 2: Kokser als Zeuge

Am 25. März durfte Markus Plate vom ARD-Studio Mexiko über das Konzert der Rolling Stones in Havanna berichten. Die Stimmung beschrieb er mit dem Satz: »Die Menschen schwanken zwischen Euphorie und Ärger«. Dann erfuhren die Tagesschau-Seher, dass das Konzert »gratis sein muss, will es im Niedrigstlohnland Kuba bei den sonst üblichen Stones-Ticketpreisen nicht exklusiv für Politkader, Neureiche und Touristen sein«. Klingt plausibel, ist aber angesichts des Aufwands des kubanischen Staates für Infrastruktur, Ordnungsdienst, Transporte und mehr nur die halbe Wahrheit. Tatsächlich war das Stones-Konzert in Havanna in erster Linie ein kultureller Event für alle und nicht wie in Mexiko (Eintritt bis 550 Euro) oder Kolumbien (Eintritt bis 330 Euro) ein Supergeschäft. Darüber berichtet der ARD-Mann nicht, sondern zitiert lieber den »Frontmann der Punkband Porno para Ricardo«, der den Stones vorwirft, sie ließen sich »vor den Karren des Regimes spannen«. Kein Wort darüber, dass der so zitierte Gorki Aguilar , in Kuba mehrfach wegen Kokain-Besitzes festgenommen wurde und seine obszönen Texte sogar die Teilnehmer einer von der Konrad-Adenauer-Stiftung 2008 in Mexiko (!) organisierten Contra-Veranstaltung anwiderten. Laut ARD war Aguilar lediglich »wegen regimekritischer Äußerungen mehrfach verhaftet worden«.

Von dem bewährten journalistischen Grundsatz, dass »eine Nachricht, deren Wahrheitsgehalt sich nicht überprüfen und nicht anderweitig bestätigen lässt, keine Nachricht ist« hat sich die ARD-Tagesschau mit solchen Berichte längst entfernt. Auch für das vielleicht wichtigste Leitmedium der BRD gilt mittlerweile folgende Aussage von Noam Chomsky: »Außenpolitisch dienen die Massenmedien der Politik als Propagandainstrument, um deren Feinderklärungen regelmäßig abzusegnen. Innenpolitisch sind sie das Mittel zur Herstellung von Konsens.«


CUBA LIBRE Volker Hermsdorf

CUBA LIBRE 3-2016