Deutschlandpremiere von »Kraft der Schwachen« in Berlin

»Wenn man am Ende des Films den Titel bekloppt findet, bin ich sehr zufrieden«, sagte Tobias Kriele bei der Deutschland-Premiere seines Films »Die Kraft der Schwachen« am 23. November in Berlin.

Die Hauptperson des Films, Jorge Jérez Beliasario, als schwach zu bezeichnen, fiele sicherlich keinem ein, der den Film gesehen hat. Jorgito Jérez Beliasario, kubanischer Journalistik-Student aus Camagüey, ist eine Kämpfernatur. Um ihn und den Film zu sehen, kamen neben dem Botschafter Kubas etwa 200 Besucher/innen ins Kino Babylon.

Jorge Jérez Beliasario setzt sich energisch für die kubanische Revolution ein und ist eine der bekannteren Gesichter der Kampagne für die Freilassung der 1998 in den USA inhaftierten Kubaner – die Cuban Five. Dass er von Kindheit spastisch gelähmt ist, hat ihn nicht an seiner Entwicklung gehindert. Auf Kuba erfuhr er, der in einer der schwierigsten Phasen der kubanischen Revolution – die sogenannte Spezialperiode – hineingeboren wurde, schulische und medizinische Unterstützung. Um sein Kuba vorzustellen, dafür ist er mit seinem Vater nach Deutschland gereist. Bei Filmaufführungen in zehn Städten diskutiert er mit dem deutschen Publikum: Über sich, über Kuba, aber auch darüber, was wir in Deutschland zur Befreiung seiner Brüder – wie er sie nennt – beitragen können. Drei der Fünf sind noch in Haft. »Jeder kann es etwas besser machen. Denen, die den Fall der Cuban Five nicht kennen, sage ich: informiert euch! Diejenigen, die informiert sind, bitte ich: erweitert euer Wissen. Die, die aktiv geworden sind rufe ich zu: intensiviert eure Bemühungen!«

Kino Babylon Berlin

Foto: Marion Leonhardt


Einer Persönlichkeit wie Jorgito Jérez Beliasario kann sich kaum jemand entziehen. Davon lebt auch der Film. »Kraft der Schwachen « beschreibt nicht die medizinischen oder sozialen Leistungen der kubanischen Revolution, der Film ist eine Abfolge von Interviews mit Menschen, die ihm im Laufe seines Lebens begegnet sind. Dass der Film keine Low-Budget, sondern eine No-Budget-Produktion ist – wie Marion Leonhardt als Vertreterin der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba betonte – mag dazu beigetragen haben, dass es im Film bei Gesprächen über die Person Jorgito Jérez Beliasario bleibt.



»Behindert sind diejenigen, denen ihre Rechte vorenthalten werden.« Diese Argumentation stammt von Jorgito Jérez Beliasario selbst. Er ist der kubanischen Revolution dankbar, weil er weiß, dass Menschen andernorts in ihrer Entwicklung behindert werden, während er in Kuba teure – durch die US-Wirtschaftsblockade bedingt sehr teure – Medikamente erhält, die er braucht, um muskuläre Krämpfe zu lösen.

Auch eine logopädische Ausbildung und eine Integration in die Regelschule waren im sozialistischen Kuba möglich, weil die kubanische Gesellschaft das »Recht auf Leben« erhält, ohne Menschen ein »normales« Leben aufzwingen zu wollen. In reichen kapitalistischen Staaten wie Deutschland sind dies Anstrengungen, die kaum leistbar erscheinen, wie die aktuelle Diskussion um Inklusion zeigt. Auf die Bereicherung durch eine Persönlichkeit wie Jorgito Jérez Beliasario muss Deutschland deshalb verzichten. Der Filmtitel »Kraft der Schwachen « erfährt zumindest auf deutsch seine Rehabilitierung, wenn er auf Kuba angewendet wird: das schwache Kuba bringt – wieder einmal – eine Kraft auf, die uns fehlt. Das wirtschaftliche und gesellschaftliche Kuba hat einen Reichtum geschaffen, den wir noch mühsam zu erkämpfen haben.

Website zum Film: http://www.kraftderschwachen.de
Blog von Jorgito Jérez Beliasario (spanisch): http://jorgitoxcuba.wordpress.com/


CUBA LIBRE Lars Mörking

CUBA LIBRE 1-2015