Bündnis für Soziale Gerechtigkeit und Menschenwürde e.V.

Die menschenunwürdige Tötungskultur der "Westlichen Wertegemeinschaft"

am Beispiel der Ermordung des Präsidenten Libyiens

Am 20.10.2011 wurde von den bürgerlichen Medien die von den Truppen der nicht gewählten selbst ernannten "Übergangsregierung" mit Hilfe der NATO erfolgte Hinrichtung des libyschen Staatspräsidenten Muammar al-Gaddafi in Sirte öffentlich als"Sieg der Demokratie" gefeiert.

Wer in den letzten Tagen die die Menschenwürde missachtenden Bilder betrachtet hat, die Gaddafi halbnackt, angeschossen, blutüberströmt und halb bewusstlos von einer johlenden Menge bewaffneter "Rebellen" durch die Straßen von Sirte gezerrt zeigte, musste sich ins Mittelalter versetzt fühlen als es an der Tagesordnung war, zum Machterhalt von Kirche, Königen und Kaisern Hexen zu verbrennen und öffentliche Hinrichtungen als Volksfest zu inszenieren. Offensichtlich sind wir heute keinen Schritt weiter.

Erinnern wir uns: Vor einigen Jahren vor den Morden an Saddam Hussein und Bin Laden war die Tötung von Menschen in unserem Kulturkreis geächtet. Wir stellten uns über andere Länder und sagten überheblich: "Dort ist ein Menschenleben nichts wert". Viele von uns glaubten, dass sich die "christlich-abendländische Leitkultur" deutlich von der Barbarei in anderen Gebieten der Erde unterscheidet. Die menschenverachtenden Bilder über die letzten Augenblicke im Leben des Mannes, der noch vor wenigen Monaten von aller Welt als Staatschef hofiert und gefeiert wurde, bestätigen diese Auffassung.

Lügen und Völkermord statt Freiheit, Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Kapitalismus Die Perversion für das aggressive Eingreifen der NATO-Truppen zur Unterstützung von für den Imperialismus nützlichen sogenannten Rebellen in Libyen besteht darin, dass die Überfälle mit den Wertbegriffen Freiheit, Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie verbunden wurden.

Obwohl sich die Bundesregierung in der Frage des militärischen Eingreifens in Libyen in der Sicherheitsratsabstimmung enthalten hatte, lassen ihre Repräsentanten keinen Zweifel daran, dass sie die Rebellen im Kampf gegen den libyschen Staatspräsidenten von Anfang an unterstützt haben.

Sie fieberten seit Monaten öffentlich mit, wenn die Medien über ein weiteres Vorrücken der "Rebellen" berichteten. Sie nahmen in Kauf, dass unter der Mitwirkung der NATO täglich unzählige Zivilisten, unter ihnen Frauen und Kinder, von NATOBomben getötet wurden.

Sie denunzierten Gaddafi als einen verbrecherischen Diktator und jubelten die Rebellen als aufrechte Demokraten hoch. Dieses polarisierende Bild sollte sich in den Köpfen der Bevölkerung festsetzen. Verschleiert wurde dabei, dass die Schergen der selbst ernannten Übergangsregierung mit modernsten Maschinengewehren von Heckler und Koch ausgestattet waren.

Während Rechtssysteme, die auf der Scharia basieren, als akute Bedrohung unserer Freiheit empfunden werden, haben die herrschenden "Eliten" keine Skrupel, dass der sogenannte Übergangsrat das künftige Libyen auf exakt dieser Rechtsgrundlage errichten will.

Die Akzeptanz eines Systems ist von Seiten des Kapitals immer von wirtschaftlichen oder strategischen Vorteilen abhängig. Diktatorische Systeme werden hofiert, wenn die Rüstungsindustrie ihre Waffen verkaufen und das Kapital seine Gier nach Rohstoffen befriedigen kann. Dabei wird von den Repräsentanten der "westlichen Wertegemeinschaft" großzügig über Menschenrechtsverletzungen, Mord, Folter und Verfolgung hinweggesehen. So beliefern deutsche Rüstungskonzerne blutige den Kapitalismus unterstützende Diktaturen wie Saudi Arabien mit Panzern oder Angola mit Patrouillenbooten.

Die ersten Reaktionen deutscher Politiker auf den Tod von Gaddafi sind menschenverachtend.

Sie beschäftigen sich, wie immer im Kapitalismus, ausschließlich mit den wirtschaftlichen Chancen im künftigen Libyen. 50.000 ermordete Zivilisten sind ihnen völlig gleichgültig.

Herr Mißfelder, außenpolitischer Sprecher der CDU, sieht die wirtschaftlichen Beziehungen zu Libyen so: "Es ist richtig, dass es wirtschaftliche Kooperationen mit Libyen gegeben hat, denn es gab auch einen Wandel in der Politik Gaddafis selbst. Deutschland konnte sehr gute Geschäfte mit Libyen machen, und das ist auch in Ordnung. Wir sind eine Industrienation, und im Spannungsbogen von werte- und interessengeleiteter Außenpolitik spielen wirtschaftliche Interessen immer eine große Rolle. Alles andere wäre naiv."

Er bestätigt damit deutlich, dass "wirtschaftliche Kooperation" den Vorrang hat und dass aus diesen Gründen jedem System ein "Wandel" in der Politik (in seinem Sinn) bescheinigt werden muss. Diese Einschätzung passt zu seinen menschenverachtenden Thesen: "Keine Prothesen für 85-Jährige auf Kosten der Allgemeinheit", "Rente erst ab 70"; "Anhebung von Hartz IV ist Anschub für die Tabak- und Spirituosenindustrie".

Der außenpolitische Sprecher der SPD, Rolf Mützenich, bedauerte das Abstimmungsverhalten der BRD im UNO-Sicherheitsrat:

"Durch ihr Abstimmungsverhalten hat die Bundesregierung jetzt wenige Möglichkeiten, auf die Partner einzugehen, die sich damals an der Koalition gegen Gaddafi beteiligt haben."

Herr Mützenich befürchtet also, dass die das Völkerrecht ignorierenden Angreifernationen als Ausbeuter der Energieressourcen Vorteile haben könnten.

Die Kanzlerin lässt Regierungssprecher Seibert twittern: "Mit heutigem Tag ist der Weg für einen demokratischen Neuanfang in Libyen endgültig frei."

Kein Wort über die unzähligen Menschenleben, die der Konflikt gekostet hat, kein Wort darüber, dass Gaddafi, entgegen jeglicher Rechtsmaßstäbe, hingerichtet wurde.

Die Überlegungen und Erwägungen über die Kontakte der BRD zu künftigen Machthabern in Libyen sind darauf ausgerichtet, sich zu bereichern, Geschäfte abzuschließen und sich Marktanteile am "libyschen Kuchen" zu sichern.

Als Frau Dr. Merkel Anfang Mai diesen Jahres ihre Freude über die Tötung Osama Bin Ladens ausdrückte und von einem "Erfolg für die Kräfte des Friedens" sprach, da markierte ihre Äußerung den Abschluss eines kulturellen Wandels. Spätestens ab diesem Zeitpunkt sollte gesellschaftlich akzeptiert werden, dass der gewaltsame Tod eines Menschen billigend in Kauf zu nehmen ist, wenn pragmatische imperialistische Argumente dafür sprechen.

Ständiges Fazit imperialistischer Politik: Solange Diktaturen nützlich und unterwürfig die Interessen des Kapitals bedienen, sind sie Verbündete. Wird jedoch in einem Staat dem Kapital die Verfügungsgewalt über Eigentum an Grund und Boden und an den Energieressourcen entzogen, scheuen die Vertreter kapitalistischer Staaten für die Profitinteressen des Kapitals die Vernichtung von schuldlosen Menschen nicht.

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CUBA LIBRE 1-2012