Ein faktenreiches Plädoyer

Der langjährige DDR-Botschafter in Cuba und Lateinamerika-Spezialist Heinz Langer hat sein viertes Sachbuch zu Cuba veröffentlicht. [1] Thema ist die Entwicklung des Landes im Zeitraum von 2007 bis 2011, in dem auf Cuba nicht unerhebliche Wegmarken gesetzt wurden. Wichtige Punkte sind hierbei Fidels krankheitsbedingter Rückzug aus der operativen Politik im August 2006 und der VI. Parteitag der PCC im April 2011.

Besonders dieser Parteitag brachte nicht nur die internationalen Medien in Wallung, sondern auch viele linke, Cuba-freundlich gesonnene Menschen. Oft hing das eine mit dem anderen zusammen und die Sensationsmeldungen der Medienkampagne fielen auch bei den Letztgenannten auf fruchtbaren Boden. Beispielhaft sei SPIEGEL-online zitiert, der kurz und knapp dekretierte: »Die Kubaner werden in den Kapitalismus entlassen, weil der Staat sie nicht mehr bezahlen kann.« [2] So gab es bei Treffen von Solidaritätsgruppen auch schon mal (an)klagende Positionen, dass es ja wohl ein Unding sei, wenn Cuba im Gesundheitswesen »mehr Effizienz« einführen wolle, da dies ja erfahrungs- gemäß nur zu Arbeitslosigkeit führe (siehe hierzu: S. 113 ff.), und eine Bürokratie, die sich selbst abschaffe, sei ja wohl ebenfalls unmöglich.

Heinz Langer begeht weder diesen Kardinalfehler, also die Mechanismen des hiesigen Kapitalismus auf das sozialistische Cuba zu projizieren, noch, wie er im Vorwort schreibt, »Empfehlungen zu geben oder gar Vorschriften zu machen« (S. 9). Dabei werden an keiner Stelle die vorhandenen Probleme, Fehler und Schwächen verschwiegen.

Fidel vs. Raúl?

Stattdessen räumt er mit anticubanischer Propaganda ebenso auf wie mit zahlreichen Missverständnissen. So kennt jeder, der in den vergangenen Jahrzehnten jemals an einem Cuba-Informationsstand gestanden hat, das Standardargument, wonach (das sozialistische) Cuba ja sowieso nur noch »wegen Fidel Castro« existiere. Nachdem diese Floskel seit 2006 nicht mehr angebracht werden kann, wird nun (nicht nur in der rechten Presse) »der Kampf zweier Linien zwischen Fidel und Raul Castro« postuliert.

Langer räumt auf und stellt, den langjährigen ND-Korrespondenten Leo Burghardt zitierend, klar: »Der Stil Raúl Castros ist anders. Es gibt keine langen Reden, keine Versammlungen bis zum Morgengrauen. Es wird offen kritisiert. Er wird unduldsam gegenüber Unfähigkeit von Funktionären und Betriebsleitern. Er fordert Ergebnisse«, und ergänzt seinerseits: »Beide Brüder Castro ergänzen sich in idealer Weise in ihrem Führungsstil. Fidel ist mehr für seine ausführlichen und überzeugenden Darlegungen der Strategie, der komplexen Zusammenhänge in der Politik bekannt« (S. 79) … »Es war mehr als eine Geste, dass er [Raúl, hwh] sich von den Abgeordneten der Nationalversammlung unter großem Beifall das Einverständnis dafür geholt hat, sich auch weiterhin mit seinem Bruder zu beraten. Es ist logisch und verständlich, dass die kubanische Führung auch weiterhin die unerschöpflichen Erfahrungen Fidel Castros nutzt. Die häufig erscheinenden Reflexionen zu aktuellsten Themen der nationalen und internationalen Entwicklungen zeugen von dessen verbessertem Gesundheitszustand« (S. 158). [3]

Nicht vom Himmel gefallen

Die aktuell in Cuba, aber auch weltweit diskutierten Veränderungen der cubanischen Wirtschaft, die »der Schlüssel für die Sicherung und Vertiefung der Revolution« sind (S. 7), sind keinesfalls mit dem VI. Parteitag vom Himmel gefallen und stellen ebenso wenig eine Abkehr vom sozialistischen Modell dar [4]. Der Autor belegt mit einer Vielzahl von Fakten, dass im ersten Jahrfünft des neuen Jahrhunderts neue Bedingungen entstanden waren, die »eine Beendigung der Spezialperiode und einen Übergang zu einer normalen gesellschaftlichen Entwicklung auf der Grundlage der kubanischen Realität entsprechenden eigenen Gesetzmäßigkeiten erforderten und auch möglich machten.« (S. 10 ff.) Auch hier begegnet er direkt eingangs konsequent den angeblichen Differenzen zwischen Fidel und Raúl: »Diese neue Phase der antikapitalistischen Entwicklung fällt nun mit dem Ausscheiden Fidel Castros aus den höchsten Staats- und Regierungsämtern zusammen, sie ist aber nicht damit zu begründen. Im Gegenteil. Fidel selbst hat wesentlich zur inhaltlichen Ausrichtung dieser neuen Phase und ihrer Konkretisierung mit relativ weitreichenden Reformen beigetragen. Am deutlichsten wurde dies ersichtlich in seiner denkwürdigen Rede am 17. November 2005 in der Universität von Havanna, in der er neben einer sehr kritischen Analyse des bisherigen Weges auch die optimistischen Entwicklungsperspektiven und Möglichkeiten der kubanischen Gesellschaft zeigte« (a.a.O.). [5]

Grundlage für diese Entwicklung ist zunächst die »Überwindung der Notstandswirtschaft« (S. 15 ff.) Langer skizziert die Verwerfungen, die sich durch die 1989/90 entstandene doppelte Blockade entwickelt haben: »Erst jetzt, nach fast 20 Jahren kann man das ganze Ausmaß der Tragödie bilanzieren, mit der das kleine Entwicklungsland Kuba konfrontiert war und welch weitreichende Bedeutung jene historische Zäsur 1989/1990 für den gesamten Verlauf der kubanischen Revolution hatte« (a.a.O.). Rückblickend wird darauf hingewiesen, dass die jetzt stattfindenden wirtschaftspolitischen Veränderungen bereits beim III. Parteitag der PCC eine Rolle gespielt haben (Stichwort: Berichtigung von Fehlern / Rectificación), die allerdings zunächst nur zögerlich angegangen wurden und dann endgültig eingestellt werden mussten, als es ab 1989 nur noch »um das nackte Überleben, um Tagesentscheidungen« (S. 20) ging.

Das Geheimnis der Revolution

Dennoch hat das revolutionäre Cuba überlebt: »Eines der Geheimnisse für das Überleben der Revolution und für die Entwicklung des Landes in dieser Zeit bestand unter anderem darin, dass "die Revolution nicht einen Moment angehalten habe, in Bildung und Kultur zu investieren" und damit sogenanntes Humankapital zu schaffen – in der Überzeugung, "dass das Humankapital mehr bewirken kann, als das Finanzkapital", wie Fidel Castro in seiner Rede vor den ersten Absolventen der LA Medizinschule am 20. August 2005 ausführte« [6]. Neben den kulturellen und ideologischen Anstrengungen erfolgten 2004 die, noch von Fidel der Öffentlichkeit unterbreitete »Zentralisierung der Verwaltung der finanziellen Mittel« (s. 25), die Entwicklung des »Konzepts der Unverwundbarkeit der Wirtschaft« (S. 26) u.a. ökonomische Maßnahmen. Die dabei zu überwindenden eigenen Fehler und Schwächen wurden »auch von Raúl Castro, wie früher von seinem Bruder, in mehreren seiner bisherigen Reden in aller Offenheit dargelegt« (S.27).

Der einzig gangbare Weg

Worauf kann sich Cuba, das zwar über »die gesammelten Erfahrungen in Zeiten der Spezialperiode und in den über 50 Jahren der revolutionären Entwicklung« (S. 29) verfügt, aber dennoch ein wirtschaftlich armes Land der Dritten Welt ist, für seine ökonomische Entwicklung stützen?

»Die Situation auf den internationalen Warenmärkten und die Möglichkeiten des kubanischen Exports bestärken die kubanische Politik darin, dass der einzig gangbare Weg für Kuba ist, von der Wissenschaft, den spezialisierten Dienstleistungen und letztlich von dem zu leben, was das Land in den letzten Jahren an akkumuliertem Wissen hervorgebracht hat. Der Anteil von Medikamenten, biotechnologischen Erzeugnissen, Dienstleistungen, Lizenzhandel und Tourismus an den Ausfuhren Kubas erhöht sich systematisch« (S. 30/31).

Manchen Spekulationen, Cuba gehe nun den »Weg Chinas« begegnet Langer mit wissenschaftlichen Fakten und belegt, dass Cubas Weg nur ein authentisch cubanischer sein kann (S. 33 ff.). Dazu gehört ein strikter Weg der effizienten Nutzung der vorhandenen Ressourcen, bspw. der noch unter Fidel begonnenen »Energierevolution« (S. 37 ff.), der Bewältigung der Probleme des Transports (S. 42 ff.), des Wohnungsbaus (45 ff.) u.a.m. Bei alledem gibt es keinen »Durchmarsch der Führung«, so wie es im Kapitalismus üblich ist, sondern breiteste Volksbeteiligung: »Raúl Castro rief in seiner Festansprache am 26. Juli 2007 die Bürger dazu auf, zu all den dargelegten Problemen in einer Volksaussprache frei und offen ihre Meinung zu sagen und Lösungsvorschläge zu unterbreiten. Im September/Oktober 2007 wurden 215.687 Bürgerversammlungen durchgeführt, an denen sich über 5 Millionen Kubaner aktiv beteiligten« (S. 50/51). Man stelle sich vor, die Einführung der Hartz-Armutsgesetze, der EU-Mitgliedschaft usw. wären hierzulande einer solchen Volksaussprache unterworfen gewesen. In Cuba jedenfalls traten auf dieser Grundlage entsprechende Erlasse und Gesetze in Kraft (S. 51 ff.).

Eine Frage der nationalen Sicherheit

Ein zentrales, die nationale Sicherheit betreffendes Problem war und ist die Lebensmittelversorgung und damit die Landwirtschaft. Die Ursachen und komplizierte Gemengelage aus nationalen und internationalen Ursachen (Internationale Krise des Kapitalismus) auf diesem Sektor werden vom Autor detailliert beschrieben (S. 53 ff. und nochmals sehr ausführlich in einem eigenen Kapitel S. 115 ff.), ebenso die Befassung mit den Problemen im Lohnsystem, der nationalen Währung/Doppelwährung und der Schaffung eines angemessenen Steuersystems (S. 58 ff.). Die Notwendigkeit der Produktivitätssteigerung, der Effizienzerhöhung auf allen Gebieten, des sparsamen Umgangs mit Kräften und Ressourcen durchziehen dabei das Buch genau so wie die Reden von Raúl und die Themenlisten der öffentlichen Debatten. Es wird deutlich, dass die cubanische Revolution und das cubanische Volk über sehr große Reserven für die eigenständige Entwicklung verfügen, diese nach dem Willen der Beteiligten aber auch - effektiv! - genutzt werden müssen.

In diesem Zusammenhang zitiert der Autor noch einmal aus der Rede Fidels vom 17.11.2005: »Dieses Land kann sich selbst zerstören. Wir, ja wir, können die Revolution zerstören. Es wäre unsere eigene Schuld, wenn wir unfähig wären, unsere Irrtümer zu korrigieren. Wenn wir es nicht fertig brächten, Abhängigkeiten wie Ausbeutung, Unterschlagungen und den dubiosen Geldfluss der neuen Reichen, exzessiven Bürokratismus, Egoismus, Schlamperei, Korruption auszumerzen... Deshalb handeln wir jetzt. Wir sind auf dem Weg zu einer totalen Veränderung unserer Gesellschaft. [Hervorhebung im Original, hwh] Wir müssen wieder vieles ändern, denn wir hatten sehr schwierige Zeiten. Uns es haben sich Ungleichheiten herausgebildet. Das werden wir ändern - ohne den leisesten Hauch von Willkür«. [7]

Papier ist geduldig…

Raúl hat in seinen bisherigen Reden und insbesondere beim VI. Parteitag immer wieder darauf hingewiesen, dass es unabdingbar sei, im Gegensatz zur bisherigen, schlechten Praxis, die gefassten Beschlüsse auch tatsächlich umzusetzen. Heinz Langer schreibt hierzu: »Es scheint so, dass jetzt hinter allen erklärten Forderungen der Regierung sofort konkrete Maßnahmen zu ihrer Realisierung erfolgen und es nicht nur bei Appellen bleibt« (S. 64). »Es wurde immer wieder von Seiten der führenden Repräsentanten betont, dass allein mit Kritik, die ja nun reichlich und offen geäußert wurde, nicht die entscheidenden qualitativen Veränderungen erreicht werden. Es sind organisierte Arbeit, Systematik, Disziplin und Kontrolle sowie hohe Anforderungen auf jeder Ebene erforderlich. Diese Anforderungen fanden sich eigentlich schon immer in den Reden, meist auf zentralen Veranstaltungen, wurden aber nie richtig ernst genommen. Der alte Trott stellte sich danach bald wieder ein. Das soll sich nun ändern.« (S. 73)

Die gegenwärtige Etappe

Im Kapitel »Wirtschaft 2007/2008« (S. 69 ff.) wird anhand umfangreichen Zahlenmaterials eine relative Stabilisierung in zahlreichen Sektoren der Volkswirtschaft konstatiert. Dabei, und dies ist das charakterisierende Merkmal der gegenwärtigen Etappe, hat man sich dann allerdings nicht beruhigt zurückgelehnt, sondern die Tagung der Nationalversammlung Ende 2008 analysierte und diskutierte die vorhandenen Mängel, die Hemmnisse für die notwendige weitere Entwicklung, die Überwindung »subjektiver und objektiver Mängel aus der Spezialperiode« (S. 77 ff.).

Die Jahre 2009 und 2010 werden im folgenden Kapitel untersucht (S. 85 ff.). Im Herbst 2008 hatten drei verheerende Hurricans 20% des IBP vernichtet, die ökonomischen Auswirkungen der weltweiten Krise des Kapitalismus [8] (z.B. Preisverfall für strategische Exportgüter) und die ununterbrochen anhaltende umfassende Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade setzten und setzen die cubanische Ökonomie unter starken Druck. Trotz all dieser Faktoren gab es ein Wachstum im Transport- und Verkehrswesen um 4,6% (S. 89) und sogar »der monatliche Durchschnittslohn konnte 2009 um 2,9%, von 415 Peso 2008 auf 427 Peso angehoben werden« (S. 91).

Nun hat »die staatliche Führung des Landes begonnen, die Direktiven für den langfristigen Entwicklungsplan bis 2015 auszuarbeiten«, u.a. mit dem »absoluten Vorrang der Erhöhung der Produktion der Waren und Dienstleistungen (…), deren Exporte die Deviseneinnahmen des Landes verbessern helfen« (S. 95 ff.). Die Plancharakteristika für das Jahr 2011 werden detailliert vorgestellt (S. 153).

Der Autor lässt keine Zweifel an seiner eigenen Einschätzung dieser Anstrengungen: »Natürlich sind all diese Maßnahmen auf die Festigung und auf die Weiterentwicklung der sozialistischen Gesellschaftsordnung gerichtet. Sie sind keinesfalls eine "Kurskorrektur" oder gar ein Schritt hin zur kapitalistischen Marktwirtschaft, wie einige bürgerliche Medien pseudowissenschaftlich und hoch spekulativ unterstellen« (S. 147)… »In diesem Prozess, der ja bereits vor einigen Jahren begonnen hat, handelt es sich selbstverständlich nicht um eine Wirtschaftsreform, oder gar um eine sogenannte Öffnung in Richtung zur kapitalistischen Marktwirtschaft, die gerade zu einer weltweiten Wirtschaftskrise geführt hat, sondern um eine aktuelle Weiterentwicklung der sozialistischen Produktionsverhältnisse, den konkreten Gegebenheiten Kubas entsprechend« (S. 191)

Demokratie à la Cubana

Auf die Volksaussprache aus dem Jahre 2007 wurde bereits hingewiesen. In einem eigenen Kapitel »Weitere Festigung der Demokratie« erläutert der Autor die institutionellen Entwicklungen in diesem Bereich. Die praktische, lebendige Volksdemokratie wurde nicht zuletzt bei der Vorbereitung des VI. Parteitages deutlich, der am 16. April 2011, 50 Jahre nach dem Sieg über die Invasoren der Schweinebucht und der Proklamation des sozialistischen Charakters der cubanischen Revolution, begann: Dies wurde nicht nur durch das VI. (April 2008) und VII. (29.07.2009) Plenum des Zentralkomitees, die dabei beschlossenen operativen Kommissionen sowie die 1.000 Delegierten und 1.280 Kandidat/innen für das ZK vorbereitet (S. 174 ff.), sondern zu einer Angelegenheit des ganzen Volkes. Über 7 Mio. Cubaner/innen beteiligten sich in 127.113 Versammlungen an der Diskussion über den Entwurf des einzigen Beschlussgegenstands des Parteitages, die wirtschaftspolitischen Leitlinien: »Der Geist der demokratischen und kritischen Mitbestimmung erinnert an die Diskussionen, die in den 80er Jahren zur Korrektur der Wirtschaftspolitik in der Partei geführt wurden. Auch damals war Raúl Castro der Hauptinitiator in der Führung, der sich für eine effizientere Wirtschaft einsetzte« (S. 193). Langer skizziert den Verlauf der Diskussionen, seine Einschätzung der weiteren Entwicklung bis zur (nun für Anfang 2012 geplanten) Parteikonferenz, die vom VI. Parteitag mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet wurde (S. 193 ff.), und listet in einem eigenen, IV. Kapitel (»Diskussionen zu den Leitlinien vor dem Beginn des VI. Parteitags«) in 29 Punkten Schwerpunkte der Debatte auf (S. 258 ff.).

Cuba international

Im III. Kapitel (»Außenpolitik Kubas«, S. 197 ff.) wird eine erfolgreiche Bilanz der revolutionären internationalen Politik Cubas gezogen. Analysiert werden dabei Aspekte des Verhältnisses zu den USA, dessen aggressiver Politik gegen die Insel (incl. der Söldner in den »5. Kolonnen«) und die notwendigen Verteidigungsmaßnahmen, die selbstbewusst formulierten Essentials bei Verhandlungen (darunter die Forderung nach Freilassung der nun 13 Jahren unschuldig inhaftierten MIAMI 5).

Dargestellt wird die Politik in der UNO [9], der Nichtpaktgebundenenbewegung und zum afrikanischen Kontinent (S. 209 ff. und 234 ff.), in Lateinamerika (S. 212ff.) [10], das Verhältnis zu einzelnen Ländern wie Venezuela (S. 217 ff.) und in regionalen Bündnissen (S. 220 ff.), gegenüber der EU, die weiterhin unter maßgeblicher Beteiligung der Merkel-Regierung an ihrem unsäglichen »Gemeinsamen Standpunkt« aus dem Jahre 1996 festhält, [11] und einzelnen Staaten Europas (225 ff.), zu Russland (S. 239 ff.), Brasilien (S. 247 ff.), die wachsende internationale Attraktivität der »Internationalen Messe von Havanna« (S. 254 ff.) und nicht zuletzt die Ausübung der eigenen internationalen Solidarität rund um den Globus (S. 235 ff.)

Die cubanische Revolution verdient nach wie vor jede Form von internationaler Unterstützung. Die vornehmste Aufgabe der internationalen Solidaritätsbewegung besteht weiterhin in der Verteidigung des Rechts des cubanischen Volkes auf eine eigenständige Entwicklung. Heinz Langer schreibt dazu, auf den stv. Präsidenten Cubas, José Ramón Machado Ventura und dessen Rede vom 26. Juli 2010 Bezug nehmend: »Gegen jede Einmischung und Besserwisserei des Auslandes wird das souveräne Recht Kubas zur Definition des eigenen Weges unterstrichen: "Es ist angebracht hervorzuheben, dass wir das Studium, die Analyse und unsere Entscheidungen so weiter betreiben, dass sie zur Überwindung unserer Unzulänglichkeiten aller Art und zur Vervollkommnung unserer Gesellschaft führen. Wir werden ohne populistische, demagogische oder betrügerische Lösungen agieren. Wir lassen uns nicht von Kampagnen der ausländischen Presse leiten. Wir schreiten weiter voran mit Verantwortungsbewusstsein, Schritt für Schritt, im Rhythmus, den wir selbst bestimmen, ohne Improvisation noch Übereilungen, um nicht fehl zu gehen und um endgültig Fehler oder Maßnahmen hinter uns zu lassen, die sich uns unter den gegenwärtigen Bedingungen aufdrängen könnten." Es ist also ein weitverbreiteter Irrtum, wenn variantenreich, überwiegend vom Ausland aus, behauptet wird, dass die Korrekturen oder Reformen einer tiefen Krise der kubanischen Wirtschaft oder gar des politischen und sozialen Systems geschuldet wären.« Was das Thema »Krise des Systems angeht«, so lohnt dagegen durchaus ein Blick auf die kapitalistischen Metropolen.

Formale Anmerkungen:

Das Buch ist gegliedert in 4 Kapitel: I. Probleme und Aufgaben der Regierung bei der Entwicklung Kubas nach den Wahlen zur Nationalversammlung 2007 (S. 7); II. Maßnahmen der Regierung Raúl Castro zur weiteren Entwicklung (S. 15); III. Außenpolitik Kubas (S. 197) und IV. Diskussionen zu den Leitlinien vor Beginn des VI. Parteitages der KP Kubas (S. 258). Es hätte der Übersichtlichkeit gut getan, wenn vor allem im II. Kapitel die einzelnen Themen per Inhaltsverzeichnis differenziert worden wären. Gerade angesichts der Fülle der Fakten ist es zudem sehr bedauerlich, dass – im Unterschied bspw. zu »Kuba – La revolución dinámica / Die lebendige Revolution« – kein Stichwortverzeichnis angelegt wurde.
Dessen ungeachtet ist das vorliegende Buch unverzichtbar für alle, die sich ein faktengestütztes Bild von der aktuellen Entwicklung des sozialistischen Cuba machen wollen. (PK)

Fußnoten

[1] V.I.P.-Studie »Zur Entwicklung Kubas in jüngster Zeit« (2006); »Kuba – La revolución dinámica / Die lebendige Revolution« (2007); »Zärtlichkeit der Völker – Die DDR und Kuba« (2010); Rezensionen siehe: http://www.cubafreundschaft.de/Vermischtes/vermischtes.html#Literatur. Der Titel des hier besprochenen Buches ist einem Zitat des cubanischen Präsidenten Raúl Castro entlehnt (S. 194).

[2] Klaus Ehringeld, Mexico-Stadt, in: SPIEGEL-online am 13.08.2011, »Zu Fidel Castros 85. Geburtstag – Der alte Inselwächter«.

[3] Siehe hierzu: http://www.cubafreundschaft.de/Fidel-Reden/Fidel-Reden.html#Schnellsuche

[4] Siehe hierzu den Verweis auf Fidels Anmerkungen zu den »Superrevolutionären« auf S. 83.

[5] Siehe: http://www.cubafreundschaft.de/Fidel-Reden/Fidel-Reden.html#Schnellsuche

[6] Siehe: http://www.cubafreundschaft.de/Fidel-Reden/Fidel-Reden.html#Schnellsuche

[7] Siehe: http://www.cubafreundschaft.de/Fidel-Reden/Fidel-Reden.html#Schnellsuche

[8] Zu deren Charakterisierung heißt es auf Seite 96: »Die kubanische Regierung charakterisiert diese Krise als bisher umfangreichste des Kapitalismus. Sie betrifft nicht nur die Finanzen, sondern auch die Energiewirtschaft, die Umweltproblematik, die Ernährung und die soziale Frage und geht daher weit über den klassischen Rahmen hinaus. So werde es auch für Kuba ein langfristig wirkendes Problem sein, die erforderlichen Devisen für das geplante Wachstum zu sichern.«

[9] Separat wird hierbei der Bereich »Menschenrechtsproblematik« beleuchtet: S. 250 ff.

[10] Spezielle Erwähnung findet hier das Abkommen zwischen Cuba und Venezuela als »Ausgangspunkt für die "Bolivarische Alternative für die Völker unseres Amerika" (ALBA)« (S. 212/213). Siehe Dokument: http://www.cubafreundschaft.de/Fidel-Reden/2004,%2012%20-%2014%20(1).pdf

[11] Siehe Dokument: http://www.cubafreundschaft.de/Hintergruende/Blockade,%201996-12-02,%20GEMEINSAMER%20STANDPUNKT%20EU.pdf



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