Informatives Nachschlagwerk über Uruguay

Informatives Nachschlagwerk über Uruguay

"Ja, ich denk oft an Uruguay an dieses kleine Land
man hat es mal die Schweiz von Südamerika genannt
Im Fußball waren sie mal ganz groß auch das ist schon längst vorbei
Ich weiß wirklich nicht warum ich denke oft an Uruguay, Uruguay, Uruguay
Ich war noch nie in Uruguay und ich muss auch gar nicht hin
wahrscheinlich ist es nur das Wort dem ich verfallen bin
es klingt so wild und dunkel, ja es klingt nach Zauberei
drei u auf engstem Raum ich denke oft an Uruguay, Uruguay, Uruguay."


Viel mehr als Funny van Dannen in diesen Zeilen ausdrückt, wissen die meisten Menschen nicht über das Land in Südamerika. Dabei lohnt ein Besuch wirklich, was der Verfasser dieser Zeilen, der Anfang der 90er Jahre in Montevideo einen Spanischkurs bei den damals gerade einige Jahre legalisierten Tupamaros belegt hat, nur bestätigen kann.

Alle, die Uruguay besuchten wollten, aber auch allen, die sich nur platonisch über das Land informieren wollen, sei ein Buch mit dem Titel "Uruguay – Land in Bewegung" empfohlen, das kürzlich im Verlag Assoziation A erschienen ist. In zahlreichen locker geschriebenen, aber höchst informativen Geschichten wird der Leser in die Geschichte dieses Landes eingeführt. Es wird dabei kaum ein Bereich ausgelassen. Wer etwas über die uruguayische Literatur oder Musik erfahren will, kommt ebenso auf seine Kosten, wie ein Filminteressierter. Einblicke in die Küche des Landes wird ebenso geboten, wie ein kritischer Blick in die Fußballwelt.

Aber auch die Politik darf in dem Buch nicht fehlen und die fängt dort nicht erst mit der Regierungsübernahme der Linken hat. Dass in dem Land eine Guerilla, die Tupamaros, viele Linke in anderen Ländern so beeindruckten, dass sie sogar in verschiedenen Versionen den Namen übernommen wird ebenso thematisiert, wie die Herkunft des neuen Präsidenten. Er war führender Tupamaro und wie ein Großteil der Aktivisten in den Folterkellern der Militärjunta weggesperrt. Der Publizist Stefan Thimmel widmet Jose Pepe Mujica ein eigenes Porträt, in dem dieser ungewöhnliche Weg vom Staatsfeind zum Staatspräsidenten gewürdigt wird. Ein Tupamaro an der Regierung bedeutet noch keine Revolution, auch das wird in dem Buch deutlich. Trotzdem ist den meisten Autorinnen und Autoren eine kritisch-solidarische Sicht auf die Linksregierung anzumerken, die aber insgesamt zu einem abgewogenen Urteil kommt, wenn es um die realen Erfolge der Regierungen geht. So wird nicht verschwiegen, dass ein linker Präsident gegen den Willen seiner eigenen Basis mit seinem Veto eine Liberalisierung des Abtreibungsparaphen verhinderte und dass der Bau einer Zellulosefabrik nicht nur zu Spannungen mit dem Nachbarland Argentinien führte, sondern auch aus ökologischen Gründen fragwürdig ist.

Doch die Geschichtsbetrachtung geht in dem Buch noch wesentlich weiter zurück. So wird aufgezeigt, dass es die unterschiedlichen Interessen der europäischen Mächte waren, denen Uruguay seine Existenz verdankt. Die aus Argentinien vertriebenen spanischen Eroberer wollen sich in Uruguay eine neue Basis zu schaffen. Diese Bemühungen waren auf Dauer nicht von Erfolg gekrönt, aber dafür wuchs der Einfluss der USA in ganz Lateinamerika.

Mobilisierung gegen Nazi-Kriegsschiffe

Die Autoren machen auch über eine erfolgreiche antinazistische Initiative in Uruguay bekannt. Als der auf der Jagd nach alliierten Schiffen beschädigte Nazikreuzer Graf Spee im Hafen Montevideo einlief, verhinderte eine große Mobilisierung der Bevölkerung, dass das Schiff dort repariert werden konnte. "Die Werftarbeiter weigerten sich, das "Nazi-Schiff" zu reparieren, die Presse und die meisten politischen Kräfte forderten Präsident Baldomir auf, der Graf Spee den Aufenthalt im Hafen von Montevideo nicht zu gestatten", schreibt Gert Eisenbürger. Die Proteste hatten Erfolg. Die Regierung stelle dem Kapitän ein Ultimatum, innerhalb von 72 Stunden das uruguayische Territorium zu verlassen. Daraufhin ließ Kapitän Langdorf das Schiff sprengen und verübte anschließend Selbstmord. Dafür wurde er in Nazideutschland gefeiert, aber die uruguayische Bevölkerung hatte der NS-Kriegspolitik eine Niederlage bereitet. Eisenbürger schreibt: "Damit war entschieden, dass es kaum eine Chance gab, den deutschen Außenhandel mit südamerikanischen Ländern wieder aufzunehmen und für die Kriegswirtschaft dringend notwendige Rohstoffe von dort zu beziehen."

In Porträts werden interessante Persönlichkeiten vorgestellt, darunter Ernesto Kroch, der als jüdischer Kommunist vor den Nazis fliehen musste und in den 70er Jahren vor der faschistischen Militärjunta wieder in die BRD migrierte, wo er maßgeblich am Aufbau einer Solidaritätskampagne für die verfolgten Linken in Uruguay beteiligt war. Auch als alter Mann ist Kroch noch in Deutschland und Uruguay aktiv im Kampf gegen Faschisten und die Zumutungen des Kapitalismus. Kroch wiederum bereichert das Buch mit dem Porträt von Annemie Rübens, die sich ebenfalls gegen die Nazis in Deutschland und die Faschisten in Uruguay engagierte und die noch in hohem Alter in der Anti-Kriegsbewegung und der Eine-Welt-Laden-Bewegung engagiert war.

Thimmel Stefan, Bruns Theo (Hg), Uruguay, Ein Land in Bewegung
Verlag Assoziation A, Berlin, Hamburg, 2010, 270 Seiten, broschürt, 18 Euro, ISBN: 978-3-935936-74-3

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CUBA LIBRE 4-2010