Die Cuba-Solidarität hat viele Gesichter

Wir fragten: Herbert Aumer, Regensburg

Warum fühlst du dich gerade mit Cuba solidarisch?

Durch mehrere Aufenthalte in Ländern Mittelamerikas, bei denen ich versucht habe, mit kritischem Blick mir ein Bild von den dortigen politischen, sozialen und kulturellen Verhältnissen zu machen, komme ich unweigerlich zu dem Schluss, dass Cuba trotz allem was es dort zu kritisieren gäbe, diesen anderen Ländern z.B. Mexiko, Nicaragua usw. in Vielerlei um Jahre voraus ist.

Zu dieser Schlussfolgerung komme ich, weil ich das einzig angemessene mache: ich vergleiche Cuba nicht mit Deutschland, das ja einer der Industriegiganten dieser Erde ist, sondern mit den Staaten seiner Hemisphäre und da schneidet Cuba vorzüglich ab.

Inzwischen räumen selbst stramm konservative Berichterstatter ein absolut vorbildliches Bildungswesen besitzt und z.B. an dessen Kostenfreiheit trotz der gewaltigen wirtschaftlichen Probleme der Jahre – nach dem Zusammenbruch des Cuba unterstützenden Ostblocks, keinerlei Abstriche gemacht hat – ganz im Gegensatz zu Bayern in total gegensätzlicher Wirtschaftssituation. (Büchergeld, Studienkosten usw.)

Auch der Modellcharakter des Gesundheitswesen wird nirgendwo mehr bestritten. Angesichts des gewaltigen Exports cubanischer Ärzte ins übrige Südamerika und den unzähligen Stipendien für Medizinstudenten aus der ganzen Welt, den Leistungen der Augenheilkunde (Aktion Milagro=, die einer unglaublichen Zahl von Patienten oft unentgeltlich zugute kommen, bleibt auch hier den Kritikern keine andere Wahl mehr.

Darüber hinaus herrscht in Cuba eine unglaubliche Sicherheit, trotz leicht gestiegener Kriminalität im Zuge der Dollarfreigabe. Es gibt keine Todesschwadronen wie z.B. in Kolumbien, die Gewerkschafter und Journalisten in erschreckender Zahl umbringen. Völlig ungestraft bisher.

Auch Frauen leben absolut sicher. Sie brauchen keine Mörderbanden zu fürchten, die – wie in Ciudad Juarez in Nordmexiko – bereits mehr als 200 Frauen aus der Unterschicht brutl vergewaltigen, foltern und umbringen – bislang gänzlich ungestraft.

Cuba duldet keine Rassenhetze wie sie sich momentan in Bolivien in der Provinz St. Cruz zeigt, wo weiße katholische Reiche nazigleich Lumpenproletariat gegen Bezahlung auf Indios hetzen und auch schon etliche von ihnen massakriert haben.

Derlei Folklore fehlt in Cuba gänzlich und es muß dort niemand hungern – auch wenn es knapp zugeht – wie es in Nicaragua oder Haiti periodisch immer wieder vorkommt.

Zwar fehlt Cuba ein Mehrparteiensystem, aber wenn man den Wahlbetrug, der offensichtlich in Mexiko massivst praktiziert wird, sieht und wenn man den Bruch der Wahlversprechen unserer sogenannten Volksparteien bedenkt, so relativiert sich das zu Kritisierende doch, angesichts der Vorteile des Systems für die einfachen Leute.

Kurzum. Alle dies Fakten und viele mehr haben mich bewogen mit Cuba und vor allem mit seinem sympathischen Volk solidarisch zu sein.

Was heißt es für mich Solidarität mit Cuba zu üben?

Mit Cuba solidarisch zu sein bedeutet für mich:

1. Einen – bei meinen Möglichkeiten nur kleinen – Beitrag zur Besserung der materiellen Lage der Cubaner zu leisten. Das kann geschehen durch die Organisation von Hilfsgütern nicht nur, aber vor allem bei Naturkatastrophen, wie aktuell bei den Hurrikans.

2. In der Zukunft wohl bedeutender dürfte die ideelle Unterstützung Cubas sein, d.h., dass man u.a. versucht Aufklärung in den Medien zu betreiben, um das vielfach arg verzerrte Bild der Insel in unserer Öffentlichkeit zurechtzurücken. Es ist erschreckend, welche Fehlinformationen – natürlich in voller Absicht – hierzulande über die Karibikinsel in die Welt gesetzt werden.

3. Zu dieser Aufklärung gehört aktuell der Kampf um die Freilassung der fünf – in den USA unrechtmäßig eingekerkerten Cubaner. Sie haben nichts anderes getan, als ihr Vaterland vor illegalen Terroraktionen von radikalen Exil-Cubanern aus den USA zu schützen.

Was ich Cuba zu seinem 50. Jahrestag wünsche?

Mein Hauptwunsch ist der, dass in den USA endlich die verbohrten Exilcubaner massiv an Einfluss in der Politik verlieren und es zu einer fundamentalen Wende in der amerikanischen Außenpolitik gegenüber Cuba kommt. Die diversen alten und neuen Blockadegesetze müssen allesamt fallen. Das würde nicht nur der cubanischen Wirtschaft helfen, sondern auch breiten Volksschichten Erleichterungen im täglichen Leben bringen.

Es sollte hinzukommen, dass es Cuba bald schafft, seine Nationalwährung auf ein besseres Verhältnis zum Dollar zu bringen. Durch die Erdölfunde vor der Küste, andere Rohstoffe, die enorm an Wert gewonnen haben, und nicht zuletzt seine Fortschritte in der Medizin und Biotechnologie scheint Cuba bereits auf dem besten Weg dazu.

Nicht ohne Grund schreibt ein Kommentator in der Süddeutschen Zeitung vom 18.09.08 "Wettlauf nach Cuba. Cuba ist im kommen ..." Derartige wirtschaftliche Fortschritte haben stets innenpolitische Entspannung zur Folge gehabt.

Welches Symbol ich für Cuba wählen würde?

Im Nationalwappen von Cuba findet sich die stolze Palma Real, mit dem Haupt in der Sonne, einem mächtigen Stamm und solide verwurzelt im cubanischen Boden. Aber dieses Bild im Wappen wird überragt von der phrygischen Mütze, der Kopfbedeckung der französischen Revolutionäre von 1789 und somit dem Zeichen für deren Losung: "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit." Umrankt wird das Wappenschild linkerhand von einem Lorbeerzweig, rechterhand von einem Eichenzweig, den Symbolen von Sieg und Stärke.

Was soll man da noch lange nach anderen Symbolen suchen?

Herbert Aumer


Wir fragten: Ulli Fausten, Duisburg


Warum fühlst du dich gerade mit Cuba solidarisch?

Ich denke, aktive Solidarität braucht eine Initialzündung, einen segensreichen Tritt in den Hintern, besonders, wenn man, wie ich, vorher ein eher unpolitischer Mensch war. Solche Erlebnisse holt man sich am nachhaltigsten vor Ort. Bei mir war es, ursprünglich beinahe zufällig, das Ferienziel Cuba. Nach jenen drei Wochen auf dem Höhepunkt der "periodo especial" fing ich an, mich für Zusammenhänge über diese Insel aufmerksamer zu beäugen. Es dauerte nicht sehr lange, bis ich zu dem Schluss kam, das hier ein konzentrierter Rufmord an einem erstaunlichen, überaus nützlichen und bemerkenswert mutigen Land stattfindet – und das nicht etwa aus Unwissenheit, sondern aus politisch niederen Motiven heraus. Was für ein Land sollte ich wohl sonst unterstützen, wenn nicht vor allen anderen dieses?

Was wünscht du der cubanischen Revolution zu ihrem 50. Jahrestag?

Zweierlei: Erstens, dass das revolutionäre Cuba auch nach der Ära Fidel einen genügend großen Rückhalt im Volk findet, um sein System, das der sogenannten "freien westlichen Welt" so viel heuchlerischen Gram zufügt, aufrechtzuerhalten.

Zweitens, dass es weiter als Vorbild für die Dritte Welt wesentlich dazu beitrage, Lateinamerika aufzumischen, denn wenn es überhaupt irgendeine Hoffnung gibt, die Festschreibung des Elends für die Armen zu durchbrechen, dann wird, dann MUSS sie von diesem Subkontinent ausgehen. Chavez in Venezuela, Morales in Bolivien und Correa in Ecuador wären ohne Fidel gar nicht denkbar gewesen. Südamerika bis hin zu Feuerland wirtschaftlich und politisch autark von den USA und der EU. Das wäre ein Traum.

Welches Symbol würdest du für Cuba wählen?

Das Nashorn. Es ist stark und geht unbeirrbar seinen eingeschlagenen Weg. Es hat keinen natürlichen Feind: nur einen unnatürlichen, von dem es sich aber nicht beeindrucken lässt, selbst auf die Gefahr hin, dass er seine Ausrottung bewirken könnte.

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CUBA LIBRE 1-2009