Mehr als 1 Million 200 Tausend auf den Beinen

Marcha Combatiente

Nach den Feierlichkeiten zum diesjährigen 26. Juli bleibt einmal mehr die Erkenntnis: Die einzige Figur von weltpolitischem Rang, die zumindest annähernd solche Menschenmassen bewegen kann wie Fidel Castro, ist der Papst.

Der Begriff "Figur" ist mit Bedacht gewählt, denn der Pontifex verdankt seinen Zulauf vor allem dem Ansehen seines Amtes, Fidel hingegen dem Faszinosum seiner Person.

Auch ansonsten hinkt der Vergleich auf sämtlichen Füßen, aber rein quantitativ taugt er schon. Und ich denke, es ist kein Fehler, zuweilen uns selbst und anderen zu vergegenwärtigen, in welchen Dimensionen wir uns hier bewegen.

Dies war keine Demo. Eine Demo ist, wenn 2.500 Mitglieder der IG Metall zum Duisburger Rathaus pilgern, wo dann Herr Schulte eine temperiert kämpferische Rede hält, die dem gröbsten Frust seiner Klientel die Spitze abbricht ohne die Arbeitgeberseite vollends zu verprellen. Das ist eine Demo.

Was da bei herauskommt, wenn Fidel Castro sein Volk moralisch in die Pflicht nimmt, ist eine manifestación – mit vollem Recht ein Wort von ganz anderem Gewicht.

Wir waren in weiser Voraussicht bereits am 24. von unseren "Familienbesuchen" aus den östlichen Provinzen zurückgekehrt.

Gewinner des sede (Sitz des Festes, das alljährlich an den Sturm auf die Moncada-Kaserne erinnert) war 2001 nicht die Stadt Havanna, sondern die Provinz Havanna, und zwei Wochen lang wurde hartnäckig das Gerücht lanciert, der acto werde auch dort stattfinden, aber unser Freund – dessen Name hier nichts zur Sache tut – aus dem Zentralkomitee der Kommunistischen Partei wusste es besser: "Seht mal, welche Menge von Leuten könnten wir wohl in San José de las Lajas zusammenkriegen? 50.000 vielleicht. Das mag euch als eine große Zahl erscheinen. Für cubanische Verhältnisse ist es jedoch so gut wie nichts. Nein, die ganze politische Großwetterlage riecht nach einer Riesensache, und die kann man nur in der Hauptstadt realisieren. Aber das habt ihr nicht von mir!"

Als wir über die Auotpista Nr. 1 von Villa Clara kommend in Richtung Havanna fuhren, war uns klar, dass er Recht behalten sollte.

Fast die gesamte rechte Spur war von endlosen Lastwagenkolonnen blockiert. Hier und da ergab sich eine Lücke von zwei, drei Kilometern. Dann die nächste Kolonne. Ich habe beim 4. oder 5. Konvoi versucht die Anzahl der LKW zu zählen. Bei etwa 200 habe ich es aufgegeben. Alle Ladeflächen waren leer. Sie waren zum Transport der contingentes vorgesehen – jener Demonstrationsblocks, die von zu weit herkommen würden, um zu Fuß anreisen zu können.

Am 25. gaben Granma und Juventud Rebelde den Laufplan des Marsches in Form einer Graphik bekannt. Der Malecón (alle vier Spuren) war pickepackevoll von der Tribuna Antiimperialista an bis hin zu La Punta. Außerdem die Stichstraßen Calle 23 bis ungefähr Paseo sowie Infanta bis zur Avenida Salvador Allende.

Wer in Havanna einigermaßen ortskundig ist und eine Vorstellung von den schieren Entfernungen zwischen den Punkten hat, mag sich nun mehr ein Bild von der Gigantomanie des Unternehmens machen.

Es gab im Vorfeld dieser marcha combatiente – was mit "kämpferischer Marsch" höchst unzureichend übersetzt wäre – einige Meldungen von internationalen Nachrichtenagenturen. Keine zweifelte die avisierte Teilnehmerzahl von über 1,2 Millionen ernsthaft an, und wer am 26. selbst die vierstündige Fernsehübertragung gesehen hat, wird dies gewiss auch nicht mehr tun.

Das Guiness Book der Rekorde hat jedenfalls schon Interesse an einer Eintragung angemeldet: Größter Demonstrationszug des Jahrtausends!

Was diese monströse Menschenmenge noch eindrucksvoller macht, ist der Umstand, dass dafür offenbar nicht in staatlichen Einrichtungen und Betrieben systematisch mobilisiert wurde. Jedenfalls nicht flächendeckend – wenn wir die Aussagen einiger Freunde zugrunde legen, die in solchen Institutionen arbeiten.

Fidels Ausruf "El 26 es un die de lucha!" ("Der 26. is ein Tag des Kampfes!") hat anscheinende gereicht, um dieses spektakuläre Ereignis möglich zu machen. Welcher andere Politiker könnte sich solch einem Effekt seiner Worte auch nur träumen?

Am 26. Juli klingelte unser Wecker um viertel nach fünf. Die Wohnung unserer Freunde, in der wir logieren, befindet sich im Municipio Centro Habana, und dieser Stadtteil hatte seine Spitze laut Plan an der Ecke Malecón und La Rampa, - der Schlüsselstelle schlechthin, wo die Massen zusammenfließen würden. Punkt acht sollte es losgehen. Um sieben wollten wir da sein, und wenn wir vorher Dusche, Frühstück und Verdauungsdingsbums abarbeiten wollten, mussten wir uns sputen. Als wir aufbrachen, war es noch stockdunkel; trotzdem waren die Straßen bereits voller Menschen. Immerhin gelang es und um kurz vor sieben noch, vor dem Hotel Nacional zwei Sitzplätze auf der Mauer zu ergattern; einen nach vorn und einen nach hinten. Damit gehörten wir zu denen, die gewissermaίen das große Los gezogen hatten, denn die zig Tausende, die nach uns kamen, mußten stehen. Um acht Uhr (nach dem Sekundenzeiger) ertönte über Lautsprecher die Natioanlhymne, was bedeutete, dass nach dem letzten Ton die erste Gruppe losmarschieren würde. Das war aber auch das einzige, was definitiv war, denn wie lange sich die Sache hinziehen würde, darüber konnten wir nur mutmaßen.

Bis wir uns schließlich einreihen durften, wurde es Viertel nach zehn (und ganz schön heiß). Über mangelnden Unterhaltungswert in der Warteschleife konnten wir uns aber nicht beklagen. Ich (auf meiner Meerseite) war vollauf damit beschäftigt, eine total übernächtigte Frau samt ihrer beiden Kinder, die mit den Köpfen auf ihren Oberschenkeln lagen – ein Kopf pro Oberschenkel – daran zu hindern, einduselnd drei Meter tief auf die scharfkantigen Ufersteine zu fallen. Außerdem wurde ich Zeuge, wie ein unterzuckerter 15jähriger neben mir in den Atlantik kotzte. Worauf sich wildfremde Menschen bemühten, ihn mittels Wurstbroten und Tropicola wieder hochzupäppeln. Renate (auf ihrer der Straße zugewandten Seite) bekam den Schwächeanfall eines großen, dicken Demonstranten mit, der nur unter Aufwendung einer wahren Herkulesarbeit helfender Hände zur Ambulanz schräg gegenüber befördert werden konnte – mitten durch Leute hindurch, die inzwischen so dicht gedrängt, dass kein fallengelassenes Streichholz den Boden erreicht hätte. Sehen konnte ich nichts davon; sie rief es mir über die Schulter zu. Ich ließ meine Eiswasserflasche kreisen und wartete auf weitere akustische Signale.

Eine Episode, die ich natürlich optisch auch nicht mitbekam, machte mich wirklich neugierig: Plötzlich eine schrille Frauenstimme, irgendetwas rufend, das Gelächter auslöste, dann eine weitere Stimme und noch eine, schließlich eine wahre Kakaphonie von Stimmengebrüll, mit etwas Abstand gefolgt von jubelndem Applaus.

Was um Henker war, war da vorgefallen?

Auch das erfuhr ich wenig später aus zweiter Hand: "Da war ein Mann auf dem Balkon, zweiter oder dritter Stock, weiß ich nicht mehr so genau, der saß auf einem Gartenstuhl und löffelte Suppe oder so was ähnliches – und guckte sich das alles an wie Kino. Jemand schrie nach oben: „He, schmeckt's? Willst du uns nicht auch was abgeben? Hallo!" Dann fingen andere aus der Menge an zu rufen. Nichts wirklich fieses. Gut gemeinte Häme. Immerhin stehen sich hier die Leute seit ungefähr drei Stunden die Beine in den Bauch und dieser Typ sitzt da und tut so, als gehöre ihm die Welt … Das wirklich Witzige war. Dass er relativ lange überhaupt nicht mitbekam, dass er gemeint war. Als er endlich merkte, dass Tausende von Augenpaaren auf ihn gerichtet waren, sprang er auf wie von der Tarantel gebissen und verschwand mit knallrotem Gesicht im Haus. Wenig später kam er noch mal wieder – diesmal ohne Teller – und winkte schüchtern nach unten. Das war der Beifall. Cubaner sind nicht nachtragend."

Aber ich will mich nicht zu sehr in Anekdotischem verzetteln.

Interessanter ist die Frage, was die Reibungsverluste von Cubas mehr als 40jährigem "socialismo tropical" aufgefangen und solche Massen-Events wieder möglich gemacht hat.

Nach einer langen Durststrecke war es in den 90er Jahren sich die periodo especial, die mit dem Toricelli- und dem Helms-Burton-Gesetz von Seiten der USA günstige Bedingungen für eine ideologische Wiedergeburt der cubanischen Revolution schuf. Es ist ein Phänomen, das einen heute sprachlos macht: Die Vereinigten Staaten schienen fast am Ziel ihrer Wünsche und verloren dann in Windeseile alles durch ihre Arroganz – durch Rechtsmodifikationen und Verfassungszusätze, die so hanebüchen waren in ihrer Präpotenz, dass sie mehr oder weniger sämtliche Patrioten auf der Insel in Fidel Castros Arme trieben – auch jene, die mit seinen politischen Ideen eher wenig am Hut haben.

Ich möchte hier nicht mißverstanden werden: Ich behaupte nicht, dass ohne die chronische Großkotzigkeit der Nordamerikaner Cuba heute der 51. Bundesstaat der USA wäre. Ich bin lediglich der Überzeugung, dass die Eitelkeit und Dummheit der Administration der Vereinigten Staaten erheblich dazu beigetragen hat, dass die Revolution in Cuba nach wie vor – bzw. wieder – so lebendig ist.

Den ultimativen "Kick" erhielt sie durch die Elián-Affaire im November 99 – jene Inbesitznahme eines 6jährigen Kindes in Miami durch die reaktionäre FNCA. Man brauchte die Worte ihrer Vertreter nicht zu kommentieren. Man tat viel besser daran, sie einfach bloß reden zu lassen: Ileana Ros-Letinen, Lincoln Diaz-Balart, José Basulto und all die andern.

Der selbstentlarvende Charakter dieser Interviews was so augenfällig, dass selbst ABC-Einschalter sich die Frage stellen mussten: "Sind wir denn nur noch von Bekloppten umgeben?"

Gleichsam als flankierende Maßnahme zu dieser (unfreiwilligen) Cuba-Werbung im feindlichen Ausland liefen die (von CNN übertragenen) Protestmärsche auf der Insel. Es liefen Gespräche mit dem leiblichen Vater Juan Miguel samt zweiter Frau und zweitem Kind. Es liefen Gespräche mit tränenüberströmten Großmüttern. Dies alles kontrastiert mit Sonnenbrillen- und Goldkettchenträgern im Unterhemd und Kongressabgeordneten mit Decision-Maker-Visagen. In diesem PR-Kampf konnten die USA nicht siegreich bleiben – nicht einmal im eigenen Land.

Als die Schlacht um Elián nicht nur propagandistisch, sondern auch de facto gewonnen war, tat die cubanische Regierung etwas sehr Kluges: Sie nahm die Wucht der Volkswut, die sie nicht verebben lassen wollte, mit und richtete sie auf andere Ziele. Während der Elián-Affaire hatten sich mesas redondas (runde Tische) eingebürgert. Man hat sie beibehalten. Fünfmal die Woche wird dort alles Mögliche diskutiert und analysiert, hauptsächlich das, was Cuba gegenüber den Vereinigten Staaten noch in der Sparbüchse hat. Außerdem gibt es die tribunas abiertas, die jeden Samstag eine andere Provinzstadt zum Forum nationaler Forderungen machen.

Man mag mir diesen etwas schnodderigen und plakativen Schweinsgalopp durch die jüngere cubanische Geschichte nachsehen. Es schien mir notwendig, zumindest im Ansatz einen Erklärungsversuch zu machen, wie ein revolutionärer Prozess, der Mitte/Ende der 80er Jahre in Vorteilnahme, Schlendrian und Saturiertheit selig entschlafen drohte, wieder ein solches Tempo gewinnen konnte.

Aber zurück zur marcha: Sie stand im Zeichen der fünf jungen Männer, die vor kurzem in Miami zu längeren Haftstrafen verurteilt wurden – teilweise sogar zu "lebenslänglich". Sie hatten vor einigen Jahren die bekannte, in Miami ansässige Organisation "Hermanos al Rescate" ("Brüder zur Rettung") infiltriert, die nach ihrem eigenen Selbstverständnis völlig altruistischen Zielen dient, hingegen nach Auffassung Cubas eine Filiale der terroristischen Cubanisch-Amerikanischen Nationalstiftung darstellt und mithin selber terroristisch ist. Aufgabe der fünf Cubaner war es ausschließlich, über terroristische Vorhaben der "Hermanos" Kenntnis zu erlangen und diese dem cubanischen Geheimdienst vor ihrer Durchführung mitzuteilen. Damit wahrten sie die Interessen Cubas, ohne gegen US-amerikanische Interessen zu verstoßen, es sei denn, der internationale Terrorismus wäre ein Interesse der USA, und das wollen wir doch wohl nicht ernstlich annehmen, oder?

Unglücklicherweise wurden die Fünf enttarnt und es wurde ihnen der Prozess gemacht. Gerichtsort war – wir ahnen es bereits – jene pulsierende Metropole im Süden Floridas, die sich schon bei den letzten Präsidentschaftswahlen als Hort der Gerechtigkeit erwiesen hatte.

Unbestätigten Gerüchten zufolge ging mit dem jüngsten Prozessverlauf eine persönliche Tragik der Justitia einher: Dass die Dame von Berufs wegen blind ist, wusste man. Jetzt ist sie angeblich auch noch kahl, da sie sich alle Kopfhaare einzeln ausgerauft hat.

Es ging also um die Befreiung jener fünf zu Unrecht in den USA Verurteilten und das stand auf zirka einer Million T-Shirts – schwarzen, roten und weißen, die gratis an die Demonstranten verteilt worden waren. Wenn man bedenkt, dass es Dank des Bieneneifers, mit dem die Vereinigten Staaten von einem Fettnapf in den nächsten treten, ständig Grund zu neuen T-Shirt-Mottos gibt, löst Cuba damit sozusagen en passant auch noch das Bekleidungsproblem seiner Bevölkerung.

An der Spitze der marcha natürlich der Comandante en Jefe. Fidel trug zu seiner gewohnten Uniform diesmal Turnschuhe (!) - ein durchaus sympathischer, wann auch äußerst gewöhnungsbedürftiger Anblick. Flankiert wurde er von zwei jungen Ajatollahs in wallenden Gewändern – Enkeln Khomeinis, die gerade auf Besuch waren und für strenggläubige Muslime erstaunlich locker und aufgeräumt wirkten. Dies direkt mitzuerleben, hatten wir beide – mittendrin im Gewusel – keine Chance. Wir waren auf die Aufzeichnung der Live-Übertragung angewiesen – mit Rafael Serrano, dem walrossbärtigen Nachrichtenchefsprecher von Cubavision. Irgendwann muss ich mal einen Artikel über Rafael schreiben. Er ist im an unverwechselbaren Typen gewiss nicht armen cubanischen Fernsehen die Institution schlechthin. Mit dem eingebauten theatralischen Timbre in der Stimme und seiner Neigung zu patriotischem Schwulst ist er für mitteleuropäische Ohren manchmal schwer zu ertragen, aber lieben muss man ihn irgendwie doch. Klar, dass jemand wie er bei einem Ereignis wie diesem zu großer Form aufläuft.

Als wir uns um zehn Uhr fünfzehn endlich dem Menschenstrom einverleibten, war das erste, was uns auffiel, die Menge der Polizisten links und rechts des Malecón. Sie standen dicht an dicht. Das zweite, was uns auffiel, war die Tatsache, dass sie samt und sonders unbewaffnet waren. Keine Pistole,. Kein Schlagstock. Nichts. Das martialischste an ihnen war der Gürtel (damit die Hosen nicht rutschten). Sie bildeten einen ungemein beruhigenden Anblick nach den Fernsehaufnahmen von Genua, wo galaktische Krieger, die der "Star-Wars"-Trilogie entsprungen schienen, die freie Marktwirtschaft verteidigten. Aber wie man hört, war dort die Demokratie zu Hause, im Gegensatz zu Cuba, wo, wie man hört, die Tyrannei zu Hause ist.

Respekt vor den Medien der sogenannten westlichen Welt! Das muss man erst mal bringen! Diese unausgesetzte Notzucht an der Wahrheit muss ein Knochenjob sein! Als wir an der SINA (der ständigen Vertretung der USA) vorbeikamen, war niemand mehr auf dem Balkon. Anfangs sind da immer welche. Die knipsen und camcordern, als hinge ihr Seelenheil davon ab. Einmal – wenn meine Erinnerung mich nicht rügt – hat offenbar ein geistig Verwirrter sogar gewunken. Aber nach einer Stunde oder so haben sie immer die Nase voll. Dann machen sie die Tür zu, ziehen sich zur Beratung zurück und stellen sich einen Haufen Fragen, die sich sich nicht stellen sollten, statt das einig wirklich Vernünftige zu tun und wie weiland Wayne Smith der Regierung der Vereinigten Staaten die Brocken vor die Füße zu schmeißen.

Ay, Dios mio! Diese Yankees!

Wochen später, wieder zurück in Deutschland, haben wir die Stapel der beiden von uns abonnierten Tageszeitungen durchwühlt. Wir stießen auf allerlei Sommerloch-Firlefanz; einen Hinweis auf die marcha fanden wir hingegen nicht. Auch keinen auf den Justizskandal um die fünf Inhaftierten.

Nicht dass wir besonders überrascht gewesen wären. Großereignisse auf Cuba (wie auch generell cubanische Angelegenheiten) gegenüber stehend er deutschen Medienlandschaft lediglich zwei Verhaltensmuster zu Gebote: a) man berichtet in diffamierender Weise darüber oder b) man berichtet überhaupt nicht.

Ausnahmen von dieser Regel sind veritable "Ringeltäubchen", die nicht weiter ins Gewicht fallen. Die zweite Variante, also Missachtung durch Ignorieren, ist die zunehmend bevorzugte. Das ist löblich, ja, schon fast philosophisch, folgt es doch dem wunderschönen Sinnspruch: "Wovon man nichts zu reden weiß, davon soll man schweigen."

Leider wird dies noch nicht konsequent genug gehandhabt. So gerät die hiesige Presse immer noch in epileptische Zuckungen, wenn tschechische Parlamentarier, als Touristen verkleidet, in einem cubanischen Provinzkaff Laptops an ein Häuflein konspirativer Lohnempfänger verteilen und dafür zeitweilig von den Behörden hopsgenommen werden. Oder sie schnappt nach Luft, wenn Elizardo Sánchez wieder mal ein Stündchen auf dem Polizeirevier verbringt.

Liebe Leute, so geht das nicht! Man kann sich nicht immer nur die Rosinen dieser Diktatur rauspicken. Warum zieht ihr euch nicht völlig aus der Berichterstattung über Cuba zurück (von der ihr eh' nix versteht) und überlasst das Feld ganz einfach uns?

Wir wüssten schon was damit anzufangen.

CUBA LIBRE
Uli Fausten

CUBA LIBRE 4-2001