Gespräch am Rande des UZ-Pressefestes:

Frank Agüero, Generaldirektor der cubanischen Zeitung "Granma"

Frank Agüero ist 55 Jahre alt und verheiratet. Bevor ihn das Politbüro der Partei auf diesen Posten berief, war er verantwortlich für die Zeitungen "Trabajadores" und Juventud Rebelde" sowie für die Zeitschriften "Verde Olivo" und Batión".

Die "Granma" ist das offizielle Organ des Zentralkomitees und die wichtigste Zeitung Cubas. Sie wird im ganzen Land gelesen und ist die bei der Bevölkerung beliebteste Zeitung. Ihre Auflage beläuft sich auf 500.000 Exemplare und sie erscheint 5 mal wöchentlich.

Nach Auffassung Agüeros ist es die Aufgabe der "Granma", dem Volk die wichtigsten politischen Probleme auf der Welt zu erklären, die verschiedenen sozialen Aspekte zu dokumentieren und über den Sport zu informieren.

Zum anderen soll die "Granma" auf argumentative Weise das patriotische Bewusstsein des Volkes zu stärken und damit seine Liebe zu den revolutionären Traditionen.

Auf die Frage ob sich die "Granma" als kritische Zeitung verstehe, antwortete Agüero, "kritisch zu sein" bedeute "wachsam zu sein" um Abweichungen von der Revolution aufzuzeigen, z.b. Auswüchse der Bürokratie oder Versuche, die Arbeiter zu korrumpieren. Gleichzeitig bedeute es, konterrevolutionäre Ideen zu entlarven die von ausländischen Medien für und über Cuba verbreitet werden.

Die "Granma" versteht sich aber nicht als Parteiorgan im traditionellen Sinne, sondern sie macht es sich zur Aufgabe, die Probleme aller gesellschaftlichen Gruppierungen zu vertreten. So hat z.B. die Jugend mit "Juventud Rebelde" ihr eigenes Presseorgan das speziell auf die Interessen der Jugendlichen eingeht, genauso wie die Gewerkschaften ihre "Trabajadores" haben. Zusätzlich gibt es in den 14 Provinzen jeweils eine Zeitung, die auf die regionalen Besonderheiten eingeht.

Dennoch ist die "Granma" das Organ, das sich für alle verantwortlich fühlt.

Frank Agüero ist auch für die verschiedenen "Granma Internacional"-Abteilungen zuständig. Auch die Inhalte dieser Ausgaben müssen vor dem Direktionsrat der Zeitung und schließlich vor dem Politbüro der Partei verantwortet werden.

Frank Agüero sieht in der deutschen "Granma" ein Instrument, die Einheit der Solidaritätsgruppen und aller Institutionen die Bindungen zur Cuba-Solidarität haben, zu fördern.

Die Zeitung finanziert sich selbst; weder kommerzielle Organisationen noch Individuen sind an der Finanzierung beteiligt. Auf dem letzten Journalistenkongress wurden Beschlüsse gefasst, die die Richtlinien für die Entwicklung des Journalismus im neuen Jahrhundert festlegen.

Die cubanischen Journalisten sehen ihre Hauptaufgabe darin, der Hegemonie der USA, deren kulturelle und ideologische Dominanz mittels transnationaler Medien den Rest der Welt zu überschwemmen droht, Paroli zu bieten.

Sie verpflichtet sich zunächst, darin fortzufahren, dieses Problem ihrem Volk klarzumachen, aber auch alle Kanäle zu nutzen, die sich im Ausland haben, "um die Globalisierung der Solidarität" zu fördern – ein Begriff der vom Papst stammt, der aber nach Meinung Agüeros auch im Kommunistischen Manifest stehen könnte ...

CUBA LIBRE Das Gespräch führte Renate Fausten, Mitglied des Bundesvorstandes der Freundschaftsgesellschaft

CUBA LIBRE 1-2000