"Kuba – eine Angelegenheit des Herzens"

Buchrezension des neuesten Bandes von Inge Viett "Cuba libre – bittersüß", verlegt bei Edition Nautilus, 1999, ISBN 3-89401-340-0

Der Titel des Buches, der naiv eine Umschreibung eines bekannten kubanischen Getränkes vermuten lässt und dadurch auch gut für ein neues karibisches Cocktailbuch werben könnte, verrät jedoch alles andere als neue Kreationen kubanischer Mixkultur. Viel mehr benennt er kurz Impressionen, die Inge Viett nach einer intensiven dreimonatigen Reise durch Kuba umschreibend resümiert.


In ihrem mittlerweile dritten Buch schildert sie uns in Form eines Reiseberichtes in sehr persönlicher Weise ihre Annäherung an, ihre Erlebnisse in sowie ihre Hoffnungen und Einschätzungen zu Kuba. Dabei bleibt sie ehrlich, aufrecht und sympathisch wie ich sie schon aus dem Buch "Einsprüche! - Briefe aus dem Gefängnis" kenne, welches sie zwischen 1990 und 1996 noch während ihrer Haftzeit schrieb und veröffentlichte.* Unumstößlich wusste sie sich da trotz aller Verzweiflung (man bedenke die politischen Umbruchsituationen, Niederlagen des Sozialismus sowie die entmündigende Knastsituation für politische Gefangene!) auf der Seite des Antiimperialismus sowie des Internationalismus und schaffte es sogar, Freundinnen draußen aus der Trostlosigkeit des Knastes heraus wieder Mut zu machen.

In ihrem neuen Buch macht sie ebenso keinen Hehl zum Internationalismus und für sie daraus resultierend zur Solidarität mit Kuba und zum Kampf seiner Bewohner und Bewohnerinnen um die Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung der Revolution. Während ihrer Reise machte sie aber auch sehr widersprüchliche Beobachtungen: die weniger revolutionären Seiten des Landes, die auch auf Kuba in zunehmendem Maße anzutreffen sind.

Ihre Reise führte sie zu kubanischen Freunden in Havanna, zu einem freiwilligen Arbeitseinsatz in der von Cuba Sí betreuten Vaqueria der Peru, nach Pinar del Rio, Santiago de Cuba und anderen Orten und Menschen des Landes. Die Sprache die sie verwendet, ist bildreich, klar und gelegentlich fast poetisch. Vor allem wirft sie Blicke auf die Realitäten Kubas und sucht daraus ihre Schlüsse zu ziehen. Sie ist eine Suchende, die der Revolution auf der Spur ist und sich bemüht, deren aktuellen Zustand zu ermessen. Gegen Ende des Buches finden die Leserin und der Leser unter "Abschied?" einige eindeutige Zeilen hierzu, die das Buch knapp aber treffsicher abrunden:

"Wer mit Kuba nicht solidarisch sein kann, dem unterstelle ich, keine Liebe, keine Leidenschaft, keinen Willen zum Widerstand gegen die imperialistische Weltordnung zu haben, sondern sich ihren Kategorien ergeben, unterworfen zu haben."

Für mich ist Inge Viett nach diesem Buch eine klare Wunschkandidatin für die Freundschaftsgesellschaft! Mir bleibt an dieser Stelle nichts mehr hinzuzufügen außer knapp mit dem einstigen "Toten-Hosen"-Titel zu schließen: Kauf mich!

*) In Haft kam I. Viett auf Grund einer Anklage wegen Mitgliedschaft in der "Bewegung 2. Juni" bzw. in der RAF. Ihre Übersiedlung 1982 in die DDR konnte sie nicht vor einer Inhaftierung nach der "Vereinigung" der beiden deutschen Staaten retten.

CUBA LIBRE BO

CUBA LIBRE 1-2000